Wir haben uns von der Natur und ihrer Geistigkeit entfernt, doch der Weg, den wir dabei zurück gelegt haben, ist nicht in allen Kulturen gleich. In Europa haben wir ein sehr abstrakt-mentales Bewusstsein entwickelt und viele technische Errungenschaften damit erhalten – nicht zuletzt die Computer- und Internettechnologie, mit der dieser Beitrag gerade verbreitet wird. Die Kosten dafür waren nicht gering: Eine zerstörte Umwelt, ein soziales „Verbot", Emotionen öffentlich zu leben, eine innere Vereinsamung und nicht zuletzt eben eine beinahe vollständige Abkopplung unseres Bewusstseins, vom Bewusstsein der Natur.
Das Bewusstsein der Natur – allein der Gedanke ist in unserer Kultur bereits eine Obszönität. Es scheint absurd, dass Natur Bewusstsein haben kann. Steht dies nicht allein dem Menschen zu? Doch woher kommt dann das Bewusstsein? Eine Frage, die Neurologen bis heute verzweifeln lässt. Ist Bewusstsein nicht inhärenter Bestandteil der Existenz an sich und damit im ganzen Universum enthalten?
Wenn man dies akzeptiert, braucht es Begrifflichkeiten, um unterschiedliche Arten des Bewusstseins im Naturraum unterscheiden zu können: Alware, das „kleine Volk", Leprechauns, Feen – all dies sind Begriffe, die sich in der Erfahrung gebildet haben, dass die Natur beseelt und durchgeistigt ist. So sind Leprechauns die bekanntesten Feenwesen Irlands und als solche neben der Harfe eines der Wahrzeichen der Insel. Nein, auch die Iren sind nicht dumm, sie haben ein Auto, einen Fernseher, ein Handy,...und leben damit vollständig in der mentalen westlichen Zivilisation und doch haben sie sich einen Schritt weniger weit aus dem Naturbewusstsein gelöst.
Der keltische Lugh tritt beim göttlich-lichten Volk der Túatha Dé Danann auch als Schuhmacher auf. Der christlich-keltischen Mythologie nach, soll er ein Enkel Noahs gewesen sein und als solcher nach der Sinntflut Irland besiedelt haben. Die Symbolik dieser Legende zeigt, dass das Volk der Túatha Dé Danann als Urbesiedler der Insel gilt und damit bis ins Megalithikum zurückreicht. Lugh war einer von ihnen. Die Symbolik des Schuhs - Lugh ist wie die Heinzelmännchen in Deutschland auch Schuhmacher und die Leprechauns gelten als Schuhmacher der Feen - verkörpert das Betreten des Landes, ebenso wie den Bewusstseinsweg. Lugh ist somit ein Bereiter des Bewusstseins in der irischen Landschaft. Er soll später der erste Leprechaun gewesen sein. Auch ethymologisch soll sich Leprechaun – was im Deutschen oft schlicht mit „Kobold" übersetzt wird – aus dem Namen dieses Wegbereiters entwickelt haben. Andere Sprachforschungen führen den Begriff auf das gälische leipreachán zurück, das sich wiederum aus dem mittelirischen luchorpán (mittelir. lu für „klein" und corp für „Körper") abgeleitet haben soll, also „kleines Volk".
Das Bewusstsein, das mit dem mythologisch-lichten Volk die Insel Irlands betritt und die Landschaft durchgeistigt, bleibt in der mythologischen Gestalt des Leprechauns gegenwärtig. Da es Teil der menschlichen Kultur bleibt – wenn auch oft nur ein stückweit -, ist auch der Zugang zum Bewusstsein der Natur in Irland an vielen Orten um einiges leichter als bei uns. Auch in Norwegen und Island ist die Beseelung der Natur in der Kultur präsent geblieben. Diese tief im Volk verankerten Mythen erlauben es unserer Wahrnehmung sie als Portal zu nutzen, als Portal in die Andere Wirklichkeit, die ebenso präsent ist wie die physische. Das Bewusstsein der Natur kreuzt allenthalben Deinen Weg. Pass auf, dass Du es nicht totfährst!
Bild © Stefan Brönnle
Kommentare
Buch Empfehlung : "Elfensommer"
Von Tanis Helliwell
Ein humorvolles und interessantes Buch über einen irischen Sommer mit einem Leprechaun. Und was dieser so zu erzählen wusste. Schön zu lesen.
Mir hat es gefallen.