Die Feder ist ein zentrales rituelles Element vieler schamanischer Zeremonien. Das Verteilen des Rauchs geschieht meist mit einer Feder oder einer Schwinge – viel seltener mit einem Fächer. Aber nicht nur indigene Kulturen nutzen die Feder als Symbol und rituelles Instrument. Der ägyptische Gott Amun trug als Kopfschmuck eine Doppelkrone aus Federn. Sie zeichnete ihn als Windgott aus. Daher war auch eine seiner physischen Erscheinungsformen die Gans. Auch die ägyptische Göttin Maat hatte die Feder als Attribut. Nach dem Tode wurde das Herz des Verstorbenen – als Symbol der Seele – gegen die Feder der Maat aufgewogen. Hier tritt uns die Feder als Symbol der Wahrheit und Lauterkeit, aber auch des Jenseits an sich entgegen. Die ägyptische Hieroglyphe für Wahrheit ist eine Feder. Im antiken Rom war die Feder ein Attribut der Göttin Juno, ihre Heiligtümer wurden mit Federn geschmückt. Bei den irischen Kelten war die Feder des Zaunkönigs ein Attribut der Göttin Macha. Die Feder galt den Seefahrern als Schutzsymbol. Im Buddhismus ist die Pfauenfeder ein Symbol der Offenheit und selbst christliche Heilige (Birgitta (Brigitta) von Schweden, Gertrud von Helfta, Otto von Freising) tragen die Feder als Attribut. Hier tritt sie meist als Schreibwerkzeug auf und steht als Symbol für Wissen und Mystik.
Natürlich steht die Feder zu aller erst mit den Vögeln in Verbindung. Feder, Vogel, Flug und Flügel gehen auf dieselbe indogermanische Wurzel zurück: pëtër-ugs und bedeutet in etwa „los-, niederstürzen, fliegen, fallen“. Als Wesen der Luft ist auch die Feder die Symbolik der Leichtigkeit und des Luftelementes zugewiesen. Deshalb folgt es einer inhärenten Logik, wenn zum Verteilen des Rauchs in schamanischen Zeremonien, der ja selbst mit dem Luftelement verwandt ist, die Feder oder Schwinge genutzt wird. Vögel nahmen ihren Platz zwischen der physischen Welt und dem Sternenraum (Sterne = griechisch astra) ein. Letzterer galt als die Welt der Götter und das Jenseitige/Seelenhafte (astral). So sind die Vögel Vermittler der göttlichen Kraft, eine Brücke ins Jenseits und Boten der Götter. Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele Götter Vögel als Reittiere und Attribute haben: Die oben erwähnten ägyptischen Götter Amun und Maat, Jupiter den Adler, Athene die Eule, Odin die Raben, Vishnu den Vogel Garuda, usw. Diese Symbolik betrifft auch die Feder. Als Teil eines Vogels ist auch die Feder dem Jenseits und dem Göttlichen verwandt, sie ist ein Symbol des Lichtes und der Sonne und damit der Bewusstheit. Daher sind auch Engel als göttliche Boten gefiedert. Sie sind Zeichen und Boten göttlicher Macht, Gnade und Weisheit. Wenn Frau Holle die Betten schüttelt, fliegen die Federn. Einerseits ist die Feder über ihre Leichtigkeit der Schneeflocke verwandt, andererseits verteilt die Göttin Hulda/Holle mit den Federn auch göttliche Segensaspekte über das Land.
Die Macht des Göttlichen wiederum macht die Feder zu einem Symbol der Macht und des Mutes. In Bayern, Salzburg und Tirol war die Hahnenfeder, die wegen ihrer Form, die einer Sense oder Sichel gleicht, „Schneid“ genannt wurde, ein Symbol des Mutes und der männlichen Kampfeskraft („Schneid“ im Bayrischen = Mut). Die Schneidfeder wurde für alle sichtbar am Hut getragen – nicht viel anders als ein indianischer Kopfschmuck. Raufereien zwischen zwei Burschen gingen oft symbolisch um die Schneidfeder. Trug man diese zu Unrecht „schmückte man sich mit fremden Federn“. Auch dies ist bereits im Mittelalter nachweisbar, als Federn als Symbol der Macht und Kraft auf den Helmen getragen wurden. So fand die Feder auch ihren Weg in die Heraldik (Wappenkunde). Im Wappen steht eine Feder für Gehorsam und Gelassenheit des Geistes. Im Turnier verlor man als Zeichen der Niederlage seine Feder, man „musste Federn lassen“.
Ganz konträr dazu wird die Feder aber auch zu einem Friedenssymbol. Schenkte man einem Feind eine Feder, so anerkannte man seinen Mut und seine Ehre, Gleichzeitig schloss man auch Frieden. Oft geschah dies durch eine weiße Feder. 1775 sollen Indianer auf ihrem Kriegspfad in ein Gotteshaus der Quäker gestürmt sein. Weil die Quäker aber in Ruhe und Ehrfurcht verharrten und keine Waffen bei ihnen zu finden waren, erklärten ihnen die Indianer den Frieden und der Häuptling soll eine weiße Feder aus seinem Kopfschmuck an die Tür des Gotteshauses geheftet haben. Im ersten Weltkrieg wird dagegen das Überbringen einer weißen Feder zu einer Schmähung, weil der so „Geehrte“ als Drückeberger und Feigling, der nicht kämpfen will, benannt wird.
So ist die Feder eine Brücke zur göttlichen Macht, zu der von ihr vertretenen Wahrheit, Mut und Ehre, aber auch eine Brücke in die jenseitigen Reiche.
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