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Von Steintürmen und steinernen Männchen

26. Aug. 2024 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: | 0 Kommentare

Hand fügt einen kleinen Stein einem steinturm hinzu
Man sieht sie an Kiesstränden ebenso wie im Alpenraum, im Wald ebenso wie gelegentlich am Feldweg: Türme aus mehreren aufeinander geschichteten Steinen. „Steinmännchen“ werden sie im deutschen Sprachraum oft genannt, oder eben im Dialekt z.B. „Stoamandl“. Auf der britischen Insel sind sie oft als „Cairns“ bekannt, obwohl darunter oft pyramidal geschichtete Steinhaufen verstanden werden, oder sogar Ganggräber, die mit „Schotter“ überdeckt sind. Die Inuit nennen sie „inuktitut“, in Kroatien werden sie „gromila“ genannt und in Frankreich „galgal“. Sie sind also überall anzutreffen.

Steintürme am Meer

An Kiesstränden konnte ich selbst beobachten, wie ein einzelner Steinturm viele Urlauber dazu anregte, über Tage hinweg ihrerseits einen zu bauen. Ja selbst eines meiner Kinder baute an einem Kiesstrand einmal als es noch sehr klein war, ganz aus sich heraus einen solchen Steinstapel. Der Akt an sich scheint also tief im Menschen verankert zu sein. Der Landartkünstler Andy Goldworthy brachte es zu einer wahren Meisterschaft, die Steine in alle möglichen Formen zu schichten: Als Kugeln, Eier, ja sogar Bögen. Es nur auf einen Nachahmungstrieb zu reduzieren, halte ich für viel zu kurz gegriffen.

Steintürme in Tibel

Aber schauen wir uns zunächst die „Stoamandl“ in den Kulturen an.

Da ist zum einen die Funktion als Wegweiser, z.B. an Weggabelungen in den Alpen. Diese funktional begründete Nutzung lässt sich unmittelbar aus der Antike ableiten. Hermes, der Götterbote, war zugleich Schutzgott der Reisenden, der Händler (aber auch der Diebe). Sein Name bedeutet „Der vom Steinhaufen“ und in der Tat waren die errichteten Steinhaufen entlang der Wege, an Weggabelungen oder an wichtigen Zielmarken wie Berggipfeln so etwas wie Altäre, Kultstätten für den Gott Hermes!

Diese rituelle Ebene finden wir auch auf der anderen Seite des Erdballs. In Südamerika ehrt man die Große Erdmutter, Pachamama, wenn man einen Stein auf einen solchen Haufen hinzulegt und dankt ihr dabei zugleich für eine glückliche Reise, bzw. bittet sie darum. Weiter nördlich haben die Navajo die Tradition, ein Blatt auf einen solchen Haufen zu legen und wiederum mit einem Stein zu beschweren. Und in Skandinavien schützt es vor den Trollen, die unter Brücken oder in Höhlen hausen, wenn man an solchen Orten einen Stein dem Haufen hinzufügt.

Steintüme in den Alpen

Wir sehen also, der grundsätzliche Brauch ist tatsächlich weltweit anzutreffen und in der Regel auf irgendeine Art kultisch mit Wegen oder Erinnerung verknüpft, wenn besondere Stellen damit markiert werden. Es ist also ein Urtrieb, der aus den Tiefen unserer Seele kommt und uns offenbar darin unterstützt, uns mit dem Ort zu verbinden.

Aber auch hier schlagen inzwischen Naturschützer „Alarm“. Durch den übermäßig betriebenen Brauch würden Insekten, die unter den Steinen leben, gestört und vertrieben, der Lebensraum von Schlangen und Eidechsen würde gestört werden. Um noch mehr Gründe gegen die Steintürme zu finden, heißt es, Pflanzen würden entwurzelt und die Erosion an Stränden gefördert werden. In Gegenden, die vorher ungestört GEWIRKT hätten, würde der Tourismus seinen Fußabdruck hinterlassen.

Ich gestatte mir als gelernter Ökologe, dem ein Gegengewicht entgegenzusetzen: Natürlich ist es so, dass jede exzessiv betriebene Tätigkeit in Massen – jede (!) - ökologische Spuren hinterlässt und ja es mag manchmal nervig sein, wenn der Impuls derart stark ausgelebt wird, dass man seinen Weg ins Wasser nicht mehr findet oder die Wegzeichen in den Alpen im Wald der Stoamandl untergehen. Doch, mit Verlaub, das grundlegende Problem sind dann nicht die Steintürme, sondern die Menschenmassen! Viele Gegenden WIRKEN eben nur ungestört, sind es aber schon lange nicht mehr. In manchen Zeitschriften wird deshalb gar dazu aufgerufen, die Türme abzubauen, wo immer es geht, mit der Folge, dass die Insekten und Spinnen, die sich nun darauf eingerichtet hatten, wiederum gestört werden. Möglicherweise wird im Naturschutzeifer dadurch aber eben jenes rituell verbindende Brauchtum zerstört und das energetische Gewebe zwischen Mensch und Ort wiederum durchschnitten.

Steinmännchen auf einem Baumstumpf / Odilienberg

Steinturm am Strand

In der systemischen Aufstellungsarbeit kann ein Stein eine Stellvertreterfunktion übernehmen. Legen wir also bewusst rituell einen Stein ab, dann hält dieser die Kraft des Impulses. Bei Steintürmen kommt die kreative Kraft als ätherisches Energiefeld hinzu. Ja, die meisten wissen wohl darum nicht, aber dies bedeutet eben nicht, dass dieser Verbindungsimpuls mit dem Ort nicht wirksam wäre! Steintürme sind daher in erster Linie eins: Ein sichtbarer Ausdruck der kreativen Auseinandersetzung von Mensch und Ort. Hier können in der Tat heilige Räume entstehen. Dies mag sehr schwach sein, wenn dies aus Langeweile am Strand geschieht, aber wir sind in einer Zeit angelangt, in der jeder noch so schwache Impuls der Verbindung von Mensch und Erde gefördert werden sollte. Nicht, indem man dem Menschen auch noch diesen verbietet, sondern, indem wir dafür arbeiten, es richtig einzusetzen: Kindern zu zeigen, dass jeder Wunsch, jeder geistig-seelische Impuls auf diese Art mit der Erde verbunden werden kann. Insofern: Lasst uns nicht die rituell geschaffenen Steintürme aus einem falsch verstandenen, kopfigen Naturschutzgedanken abtragen, lasst uns Steintürme bauen – in Großstädten, Banken und Börsen, in Parlamenten, Regierungssitzen und Behörden. Lasst uns unseren Kopf wieder über die Kreativität mit der Erde verbinden.



Titelbild © olezzo/shutterstock

Steintürme am Strand 1 © Stefan Brönnle
Steintürme Tibet © sergemi/shutterstock
Steintürme in den Alpen © Christopher Moswitzer/shutterstock
Steintürmchen auf Baumstumpf © Stefan Brönnle
Steinturm am Strand 2 © Stefan Brönnle



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