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Schwarze Magie

28. Apr. 2018 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Rituale, Ethik, Magie | 0 Kommentare

Voodoopuppe mit Nadeln

Unter „Schwarzer Magie" wird in der Regel umgangssprachlich ein Schadzauber verstanden. Woher kommt der Begriff und was meint er? Es lohnt ein Blick auf die Entstehung des Begriffs und seines gedanklichen Umfeldes...

In naturverbundenen und schamanisch orientierten Kulturen ist ein magisches Naturverständnis weit verbreitet. Die Natur, ja auch biologisch unbelebte Objekte werden als geistig beseelt, „animistisch", betrachtet. Die Beziehungen zu Geschehnissen werden hier über die Analogieebene verstanden und erklärt. Dazu zählten sowohl Heil- als auch Schadrituale. Beides, Leben und Zerstörung, waren Teil des Naturverständnisses.

Um 380 nach Christus wurde das Christentum in Rom zur Staatsreligion erhoben. Damit stieg seine Ausbreitung rasant an. Heidnische – also nichtchristlich-naturreligiöse – Kulte wurden mehr und mehr in Europa verdrängt und die christliche Weltsicht breitete sich aus. Nun hatte das Christentum bereits seit seinen Anfängen ein angespanntes Verhältnis zum Magiebegriff. Siehe dazu auch unseren Beitrag „Magie und Religion" Bereits im Judentum spricht JAHWE: „Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen" (2. Mose 22). Im christlichen Verständnis ist jegliche Magie verwerflich! Das Wunder-Wirken eines christlichen Heiligen beruht auf der Gabe Gottes, das eines heidnischen Schamanen und Zauberers auf dem Wirken böser Dämonen. Dem Glauben wurde der Aber-Glaube (= Wider-Glaube) gegenübergestellt. Die heidnischen Götter wurden schlicht den Dämonen gleichgestellt. Per definitionem kann es keine Magie geben, die gut ist. Jegliche Magie geht von Dämonen aus. Damit hatte man ein Werkzeug in der Hand, die Kultpraktiken der heidnischen Kulturen an sich zu bekämpfen und die Kundigen zu töten. Ein Werkzeug der Macht.

Besonders auffällig wird dies am Schadzauber: Der Schadzauber, den Jahwe an Hiob (Ijob) vollzieht und ihm seine ganze Familie raubt, ist göttlicher Wille und Prüfung. Moses lässt mit einem Schlag seines Stabes die Fische des Nils sterben, sein Schadzauber lässt das Vieh der Ägypter sterben und die Ägypter erkranken, um seinen politischen Willen zu erzwingen. In den apogryphen Schriften des frühen Christentums klatscht Jesus in die Hände und Vögel fallen tot auf den Boden. Die Heilige Maria selbst soll nach der Wallfahrtslegende von „Maria im Walde" einem Holzfäller seine eigene Axt ins Bein fahren haben lassen, weil er „Ihren" heiligen Baum fällen wollte. All dies wird als göttliche Kraft und nicht als Magie interpretiert. Es ist also nicht der Schaden, der hier maßgeblich für die Verurteilung ist, sondern wer – Christ oder Heide - den magischen Akt vollzieht!

Diese Vorstellung wurde jedoch bei weitem nicht sofort vom Volk akzeptiert. Bis in die frühe Neuzeit Europas hinein gab es in den Dörfern Kundige die auch mit magischen Praktiken und Ritualen halfen. In der intellektuellen Szene der Renaissance war die sogenannte „Hochmagie" tief verankert. Hexen und Magie waren bis ins 15. Jahrhundert Teil der europäischen Volkskultur. Bis heute haben sich so zum Beispiel „Berufkräuter" wie Dost, Johanniskraut und Baldrian, erhalten, die zur Gegenmagie eingesetzt wurden und Schadmagie ablenken sollten. Heute bilden Berufkräuter - Erigeron – eine eigene botanische Pflanzengattung. Die Kirche wurde dieser Vorstellung hilfreicher Magie trotz aller Predigten nicht Herr. Darum setzte man auf die Angst der Menschen, die die Hexen an sich, wegen ihrer Macht und Gabe zwar mit Respekt behandelten, aber dennoch fürchteten. So wurde kirchlicherseits bewusst das Bild der bösen Hexe mit dämonischen Zügen gestaltet.
Eine exakte Datierung ist schwierig. Der Begriff der „Schwarzen Magie" gestaltete sich etwa im 14. Jahrhundert. Die Kirche sprach vom maleficium, vom ‚üblens Werk'. Zwischen dem 14. und 15. Jahrhundert wurde mehr und mehr zwischen magischen Praktiken mittels der Kräfte der Natur als „Weißer Magie" - aus ihren Forschungen geht später die Naturwissenschaft hervor – und der mittels Dämonen praktizierten Schwarzen Magie unterschieden. Wohlgemerkt: Unterscheidungskriterium zwischen Weißer und Schwarzer Magie war nicht der Heil- oder Schadzauber, sondern das Wirkwerkzeug Naturkraft oder Dämon!

Erst in der frühen Neuzeit setzt dann auch die systematische Hexenverfolgung ein. Es gab zwar in der Lex salica im 6. Jahrhundert bereits Strafen für Schadmagie, diese glichen aber gewöhnlichen Strafen, z.B. der Wiedergutmachung mit einer Geldstrafe und nur in Todesfällen eine Hinrichtung. Wir erkennen, dass noch im 6. Jahrhundert Schadmagie wie ein physischer Angriff, bzw. wie Sachbeschädigung behandelt wurde. In der kaiserlichen peinlichen Halsgerichtsordnung Karl V. von 1532 dagegen (Constitutio Criminalis Carolina) war das maßgebliche Delikt der Schadzauber mittels dämonischer Einflüsse: Das Maleficium. Dem Schadzauber wurde nunmehr wiederum automatisch eine Dämonenbeteiligung unterstellt.

So kommt es zu einem Wandel der Betrachtung: 1.Magie an sich ist verwerflich (Schadzauber der vom Christentum als heilig Verehrten gelten nicht als Magie) – 2. Trennung Weiße und Schwarze Magie nach „eingesetztem Wirkmedium" - 3. Schadzauber, dem automatisch Dämonenbeteiligung unterstellt wird.

In fundamentalistisch christlichen Kreisen ist Magie bis heute gleichbedeutend mit Schwarzer Magie, da sie nur durch Dämonen gewirkt werden kann, in aufgeklärten christlichen Kreisen wird zwar an die Macht Gottes, aber nicht mehr an Magie geglaubt. Im Sprachgebrauch wird Schadmagie mit Schwarzer Magie gleichgesetzt.
Übrigens ist die Schadmagie grundsätzlich bis heute gesetzlich verboten. Sie gilt in Deutschland nach § 22 StGB als versuchte Straftat. Allerdings gilt sie nach der gängigen Auffassung, dass Magie nicht existiert und funktioniert als „untauglicher Versuch" und wird darum nicht geahndet, weil der Ausübende „auf die Wirksamkeit nicht existierender oder nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis jedenfalls nicht nachweisbarer magischer Kräfte vertraut"1.

Grundsätzlich erkennen wir die Vorstellung der Schwarzen Magie als ein Produkt des dualistischen Denkens – herrschender guter und böser Kräfte im Widerstreit. Auch in der nichtchristlichen, Rituale praktizierenden Szene bleibt der Begriff der Schwarzen Magie tief verankert, obgleich er als Kampfbegriff geschaffen wurde. Soviel hat die Kirche geschafft. Natürlich gibt es bis heute magische Rituale, die Schadzauber bewirken sollen. Interessanterweise, so zeigen Studien, werden Schadzauber vornehmlich von Personen durchgeführt, die glauben, selbst Opfer „Schwarzer Magie" geworden zu sein und sich nun mittels eines Gegen-Schadzaubers befreien oder zumindest Genugtuung verschaffen wollen2. Der dualistische Gedanke stellt den anderen auf die Seite des Bösen und sich selbst auf die Seite des Guten, das nun seinerseits „als Gegenwehr" Schadzauber einsetzt. So generiert der Dualismus selbst im jeweiligen Gegenüber das vermeintlich Böse. Ein buchstäblicher „Teufelskreis": Der Glaube an das Böse erschafft ethisch verwerfliche Taten.

1 Bernd Heinrich: Vorlesung Strafrecht. „Versuch – Übersicht". Humboldt-Universität Berlin, 1. Oktober 2011
2 z.B. Studie Heinz Streib „Wege der Entzauberung", Universität Bielefeld

Bild © Björn Wylezich/fotolia.com

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