Eine Anthropologin auf den Spuren des Wissens der indigenen Ahnen
Felicitas Goodman, Doktorin der Anthropologie, begann 1976 als Professorin der Universität in Columbus/Ohio mit Studenten, rituellen Haltungen mithilfe der Trance zu erforschen. Ihre Forschungen begann zuerst mit der anthropologischen Studie über die Glossolalie: Die Pfingstgemeinde praktiziert das in „Zungen sprechen“, eine Form der Besessenheitstrance.
(Die sogenannte Besessenheitstrance wird des Weiteren in im Vodou (Westafrika), im Vodun (haitisch), im Candomblé (brasilianisch), im Umbanda( abgeleitet von Candomblé), im Spiritismus, im Shintoismus (Japan) und von Schamanen Zentral-Nepal und der Mongolei praktiziert.)
Im Verlauf ihrer Studien, inspiriert von einem Bild eines trommelnden Sami-Schamanen und von den Korntänzen der Pueblo-Völker New Mexikos, vertiefte sie sich in das Phänomen der Trance. Zuerst erforschte sie die Wirkung der rhythmischen Anregung, wie sie es bei den von Rasseln begleiteten Korntänzen sah. Im Laufe der Arbeit wurde ihr Interesse auf Statuetten und Höhlenmalereien gelenkt, die auffällige Körperhaltungen zeigten. Sie begann, die rhythmische Anregung mit den Haltungen experimentell zu erforschen. Im Laufe der Jahre kamen über 80 Haltungen zusammen, die mithilfe von Gruppen auf den von der Haltung induzierten Erfahrungsraum untersucht wurden. Die Fundobjekte stammen aus unterschiedlichster Kulturen weltweit und beginnen mit den ersten Darstellungen der Höhlenmalerei ab ca.30 000 vor Christus.
In Cuyamungue, nahe Santa Fe, New Mexiko, in der Wüste des kargen Hochlandes praktiziert Sie unabhängig der Universität. Sie baute auf diesem Grundstück eine Kiva, ein runder Erdbau, wie sie die alten indigenen Bewohnern dieses Landes, die Pueblo-Indianer noch nutzten. Diese Kiva wurde zum sakralen Raum der rituellen Trance. Felicitas Goodmann beschreibt in ihrem Buch „Wo die Geister auf den Winden reiten“ (Freiburg 1989), wie die Geister des Landes anfangen, mit ihr zu arbeiten. Wolfgang-Dieter Storl, der selbst von einem Schamanen Nordamerikas lernen konnte, sieht einige Veränderungen in ihrem Leben auf den direkten Einfluss der Geister der Ahnen des Landes zurückgehend.
Das Ritual der „rituellen Körperhaltung und extatischen Trance“ wird begonnen durch reinigende Räucherungen mit Salbei, das Maismehlopfer für die Rassel und die Geister und das Begrüßen der vier Himmelsrichtungen. Das Maismehlopfer ist die Gabe an die Geister der Rassel, die das Bewusstsein der Menschen in die andere Wirklichkeit führen können. Nun wird die Haltung eingenommen, der Rasselrhythmus mit 210 Schläge pro Minute begleitet die Reisenden innerhalb einer Zeitspanne von 15 Minuten. Mit dem Ausklingen der Rassel kommt der Reisende langsam in sein Alltagsbewusstsein zurück.
Eine wichtige Arbeit, die Sammlung und Vergleiche der erlebten Inhalte bewogen Felicitas Goodmann zu der Annahme, dass die dargestellten Haltungen in der ursprünglichen Kultur von Schamanen eingenommen wurden, um entsprechende Welten bereisen zu können: Zum Heilen, für den Weg ins Jenseits, den Himmelflug und vieles mehr.
Was sie als Westlerin fand, war ein Weg in die Anderswelt oder die „nichtalltägliche Wirklichkeit“, wie sie von Michael Harner, dem Begründer von der Foundation for Shamanic Studies, benannt wurde. Auch er hatte bei indigenen Schamanen gelernt.
Ein Weg, der scheinbar schon vor langer Zeit dem „weißen Mann“ abhandengekommen ist, denn die ersten Missionare diagnostizierten den Schamanen Hysterie, Epilepsie und Teufelsbesessenheit.
Der Religionswissenschaftler Mircea Eliade stellte 1951 das gesammelte Material der Feldforschungen vom Ural bis China in einen neuen Sinneszusammenhang. Ihm ist es unter anderem zu verdanken, dass der Schamane wieder als Spezialist der Trance beschrieben wird, in der seine Seele den Körper zu Himmel und Unterweltsreisen verlässt, um Wissen und Heilung zurückzubringen.
1973 verfasste Erika Bourguignon eine kulturvergleichenden Studie zum Thema: Sie zeigte auf, dass die Erfahrung der Bewusstseinsveränderung in mindestens einer kulturell geformten oder institutionalisierten Weise in 437 von 488 Gesellschaften in verschiedenen Gegenden der Erde vorkommt.
Die Trance gehört somit zu den grundlegenden Errungenschaften der Menschheit, die sie seit unglaublich langer Zeiträume entwickelt und genutzt hat.
Die Trancehaltung der Göttin von Malta
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Mit dem Segen der Großen Ahnen
Text © Sibylle Krähenbühl
Bild Yogi © freshfotos
Bild Hamatsa Schamane © gemeinfrei/wikipedia
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