Der Weltenberg steht stets im Zentrum der Welt und verbindet Himmel und Erde. Er ist Symbol der Mitte und der Weltenachse in einem. Die mythologischen Weltenberge Meru, Haraberezaiti und Gerezim sind Beispiele solcher Weltenberge. Der Vulkan Gunung Agung auf Bali ist ebenfalls ein solcher mythischer Weltenberg, wenn gleich er auch physisch präsent ist. In der balinesischen Geomantie gilt er als heiliges Zentrum, der das Reich der Götter mit dem Reich der Menschen und der Unterwelt verbindet. Die Richtung auf ihn zu gilt als glückverheißend (Kaja), die Richtung von ihm weg als unheilbringend (Kelod). Selbst bei Verhandlungen versucht man so am Tisch zu sitzen, dass man dem heiligen Berg Agung näher ist als seine Kontrahenten: Ein wirklich alles durchdringender Weltenberg!
Ein solch zentrales Motiv ist für die Umsetzung im Sakralbau wie geschaffen. So symbolisieren die indischen Stupas den Weltenberg, in dessen Inneren sich die “Gebärmutter der Göttin” (Garbha) befindet. Die Tempelanlagen von Angkor Wat in Kambodscha und Borobudur auf Java sind eine solche symbolische Umsetzung des Berges Meru. Aber auch die ägyptischen Pyramiden und babylonischen Zikkurats sind Urbilder des Weltenberges mit heiliger Höhle der Wiedergeburt. Unter der “Sonnenpyramide” in Teotihuacan (Mexiko) befindet sich die gebärmutterartige Höhle einer viel älteren Kultur. Eines der schönsten Beispiele für die Umsetzung des Mythos vom Weltenberg im Christentum ist der Mont Saint Michel. Hier soll der Erzengel Michael den Drachen bezwungen haben. Im Kampf zwischen Engel und Drachen widerspiegelt sich der Austausch geistiger und irdischer Kräfte und die Lanze des Michael ist der Kanal dieses Austausches: Eine axis mundi. Der Kirchenbau mit steil aufragendem Turm überhöht den natürlichen Berg der Insel und lässt ihn zum pyramidalen Weltenberg werden, der vom Urwasser umspült ist.
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