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Orte der Kraft: Wessobrunn

07. Feb. 2017 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Geomantie, Symbole, Schamanismus, Kraftort, Phänomene | 0 Kommentare

Brunnenhaus in Wessobrunn

Wessobrunn ist der Name einer alten Klosteranlage in Oberbayern (Landkreis Weilheim-Schongau). Bekannt wurde das Kloster im Barock durch seine Stuckatoren, urkundlich erstmals erwähnt ist es aber bereits 817 im karolingischen Reichsklosterverzeichnis. Beachtenswert sind neben dem Kloster und dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Glockenturm, der auch als „Römerturm“ oder „Grauer Herzog“ bekannt ist, aber vor allem die Tassilolinde und die Quellen.

Die Legende

Bild im Brunnenhaus von Wessobrunn: Traumbild des TassiloDer Legende nach soll sich im 8. Jahrhundert der Agolofinger Herzog auf der Jagd befunden haben. Erschöpft von der Hatz legte er sich unter einer Linde zum Schlafen nieder und träumte einen bemerkenswerten Traum: Er sah eine Quelle, deren Wasser in vier Richtungen floss und die von einer Himmelsleiter berührt wurde, an der Engel auf- und niederstiegen. Als der Herzog erwachte, schickte er seinen Jagdgehilfen Wezzo aus, um die Quelle zu suchen und in der Tat fand dieser unweit der Linde drei Quellen in Kreuzesform…

Soweit die Legende.

Die Legende enthält einige Widersprüchlichkeiten. So soll sich das Ereignis 753 zugetragen haben. In diesem Jahr war der Herzog aber gerademal 11 Jahre alt. Zudem wäre es sehr unwahrscheinlich, dass der Herzog, nach dem er diese Traumvision hatte, die Namensgebung der Quellen und des späteren Klosters von seinem Jagdgehilfen abgeleitet hätte. Wäre nicht Tassilobrunn wahrscheinlicher gewesen?

Der Name

In der Symbolik von Legenden ist die Jagd ein Bild der Queste, der Vissionssuche – oder „Visionquest“ wie der Ritus in der schamanischen Szene heute genannt wird. Auf ähnliche Weise erhielt z.B. Karlsruhe oder Suhl seine Standortbestimmung, Form und Namen. Der Ort nahe den Quellen hieß so früher auch „Geispoint“ oder „Gaispoint“ (1483 erwähnt als Gayspewnd). „Geis“ nimmt dabei keinesfalls Bezug auf hier vorhandene Ziegen, vielmehr leitet sich der Wortteil ab vom keltischen „geis“ (ähnlich wie Geis-, Gais-, Ges-, Gös-, Gois-, Gelsen- Orte), was einen Tabu- oder Schicksalsort meint, einen Ort mit dem ein Clan innerlich verbunden ist und der das Schicksal dessen bestimmt, einen „Kraftort“ (dies durchaus im Sinne wie der Begriff des „Krafttieres“).
„Point“ lässt sich vom mittelhochdeutschen „biunde“ für „Hag“ ableiten. Also einem eigehegten Heiligtum.
Auch der heutige Name Wessobrunn leitet sich daher kaum vom Jagdgehilfen „Wezzo“ ab. Vielmehr hat es seine Wurzel im altnordischen „viss“, althochdeutsch „wīs“ (wīzag, wītag) für „weise, wissend“, was später zu „wizzo“ wird. Altnord. vitki ist aber auch der „Zauberer“, der Wissende. Es handelt sich also um „wissende“, „weissagende“ Quellen, die durch ihre Dreizahl Bezug zu den drei Göttinnenaspekten besitzen und durch das im Traum gesehene „Fließen in die 4 Himmelsrichtungen“ wiederum Bezug zum Weltenbaum haben, von dem aus die 4 Wasser entspringen. Baum und Quellen bilden also eine heilige Einheit.

Die Tassilolinde

Tassilolinde WessobrunnDie Tassilolinde ist eine Winter-Linde (Tilia cordata). Ihr Alter lässt sich nicht genau bestimmen. Ob sie tatsächlich bereits im 8. Jahrhundert jener Baum war, unter dem Tassilo seine Traumvision hatte, ist schwer zu sagen. Doch der Baum ist in der Tat viele Hundert Jahre alt. In seinem mächtigen auseinanderklaffenden Stamm können 5 Menschen im Kreis stehen. Der Standort des Baumes an einem nahen Grenzbach könnte ihn als Markbaum klassifizieren. Sein Stamm ruht auf einer Blind Spring, Wasser, das unter artesischem Druck nach oben strömt, die Erdoberfläche aber nicht erreicht. Zudem kreuzen sich hier die Gitternetze. Doch das sicher Eindrücklichste ist ein sogenannter kosmischer Einstrahlpunkt im Zentrum des Stammes, eine kosmische Achse, die die Linde zu einem wahren Weltenbaum werden lässt, der die untere, mittlere und obere Welt verbindet. Hier träumte Tassilo von der Himmelsleiter!

Die Quellen

Die drei Quellen sind heute von einem Brunnenhaus überdacht und strömen in insgesamt drei Becken. Ihre geistig-seelische Qualität ist völlig unterschiedlich, so dass die Inkorporation der drei Göttinnenaspekte – schwarz, weiß, rot – erlebbar wird. Leider wird auch hier an diesem heiligen Ort immer wieder Abfall in die Quellen geworfen, was den tiefen seelischen Konflikt vieler Menschen mit den Kräften der Erde offenbar werden lässt.

Dennoch ist Wessobrunn einer jener segensreichen alten Orte, die – trotz Kloster – kaum vom Christentum überformt wurden und an dem Quellen und Baum über viele hundert Jahre nahezu unüberbaut weiterexistieren durften. Wessobrunn – ein wahrer Kraftort, ein alter heiliger Ort, ein Fokuspunkt, wo Himmel und Erde sich vereinen.

Am 18.3.2017 findet in Wessobrunn unser
gebührenfreies Jahrestreffen „Erde und Mensch“ statt!

Bild Quellen © fotolia

Die anderen Bilder © Stefan Brönnle

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