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Das Labyrinth – Der Weg zur Mitte

08. Okt. 2016 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Mythen, Symbole, Rituale | 0 Kommentare

Graslabyrinth

Das Labyrinth ist ein uraltes Symbol des Lebens und der spirituellen Entwicklung. Die älteste datierbare Abbildung eines Labyrinthes stammt aus dem griechischen Palast des Nestor um etwa 1200 v. Chr. Manche Labyrinthdarstellungen scheinen älter zu sein und fast bis ins Megalithikum zurückzureichen, sind aber nicht eindeutig datierbar. Obwohl umgangssprachlich so genutzt, ist das Labyrinth deutlich vom Irrgarten zu unterscheiden: Der Irrgarten besitzt Irrwege und Sackgassen, das Labyrinth nicht. Das Labyrinth besteht aus einem einzigen verschlungenen Pfad, der Dich letztlich immer zur Mitte bzw. wieder hinaus geleitet.

Die Bedeutung des Wortes „Labryinth“ ist nicht eindeutig geklärt. Henry Sayre vermutete, dass sich das Wort tatsächlich vom Palast in Knossos ableite, wo der Mythologie nach der Minotaurus in einem Labyrinth gefangen gehalten wurde. Da in der kretischen Kultur die Doppelaxt ein heiliges Symbol war, leitet er Labyrinth von Labrys (Doppelaxt) ab und deutet das Wort als „Haus der Doppeläxte“, mit dem der Palast von Knossos gemeint gewesen sein soll.

Der Mythologie nach beherbergte der Palast von Knossos ein Labyrinth in dem der Minotaurus gefangen gehalten wurde, ein Wesen, halb Mensch, halb Stier. Da ein Labyrinth aber eben keine Irrwege besitzt, kann die Gefangenschaft nur symbolisch gemeint und nicht vom Bau an sich verursacht gewesen sein.

Labyrinth (Chartres)Das Labyrinth beschreibt so den Lebensweg gleichsam als einen spirituellen Erkenntnisweg. Der Initiant begeht den äußeren Symbolweg und gelangt auf diese Weise auf vielen (Lebens-) Wendungen in seine eigene Wesensmitte. Äußere Handlung und innere Wirkung sind eins – wie bei den meisten Ritualhandlungen. In der Mitte des Labyrinthes und damit in der eigenen Wesensmitte angekommen, muss sich der Initiant umwenden. Diese Wendung kann nur in der eigenen Wesensmitte von statten gehen. Nur hier sind wir befähigt, uns von Grund auf zu ändern. Der Minotaurus ist – noch halb Tier – zu dieser willentlichen Änderung seines inneren Wesens nicht fähig. Deshalb ist er dazu verdammt im Labyrinth als Gefangener zu verharren.

Verlässt der Initiant schließlich das Labyrinth wieder, so ist er neu geboren. Darum wird das Labyrinth hier auch zum Lebenssymbol und berührt auch Geburts- und Fruchtbarkeitssymboliken. Im erweiterten Lebensweg kann das Labyrinth hier auch zu einem Symbol des Stirb und Werde und damit der Reinkarnation werden. Der Gang in die Mitte entspricht dem Gang in die Unterwelt und der letztendlichen Wiedergeburt in der physischen Welt.

Allein durch das Aufzeichnen des Labyrinthes auf dem Boden kann sich so die Ortsqualität massiv verändern. Oft erhält die Mitte eine hohe „Ladung“, kumuliert Ätherfelder und bildet nicht selten eine axis mundi (Weltenachse) aus. Dergestalt wird das Labyrinth zu einem Brücken- oder Übergangssymbol in die Anderswelt, in Jenseitsreiche hinein, oder in die drei Welten des Lebensbaumes. Nicht selten werden Labyrinthe daher als rituelle Trancereise verstanden, um Antworten auf Entwicklungs- und Wesensfragen zu erhalten.

Bild Graslabyrinth © FlavioDelfino@Thinkstock
Bild Labyrinth Chartres © fotolia

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