Bäume stellen mythologisch-symbolisch sehr mächtige Wesen dar und wir sind bis in unseren Seelenkern hinein mit Bäumen verbunden. Wir verinnerlichen Bäume und lassen Sie zu Traumattributen unseres Seelenwesens werden. Nach einer Studie des Psychologen Helmut Hark in den 1980er Jahren taucht der Baum als essenzielles Traumsymbol bei Frauen gut doppelt so häufig auf wie bei Männern. Dennoch erinnert sich auch jeder dritte Mann an Träume, in denen ein Baum eine wichtige Rolle spielte.
Bäume symbolisieren Leben, Entwicklung, Wachstum oder psychische Reifung. Vor allem überwiegt aber die Symbolik des >Selbst<, also unsere bewusste und unbewusste Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit. So werden in der Psychologie „Baumtests“ nach Koch als psychodiagnostisches Mittel genutzt: Die projektierte Zeichnung enthält eine Verwandtschaft zum Raumschema der Seele. Aus den Formen und Größenverhältnissen von Wurzeln, Krone, Stamm, aus der Anordnung von Zweigen und Blättern sowie aus gemalten Zugaben wie Vogelhaus, Nest, abgesägten Ästen u.ä. wird auf das Persönlichkeitsbild des Zeichnenden geschlossen. Seelische Verletzungen werden in Verletzungen des gezeichneten Baumes wiedererkannt.
So wird der Baum zu einem spirituellen Wegweiser. Eine Träumende schildert dies so: „Es ist mir in Gedanken klar und verständlich, dass ich in meiner Situation, in der ich mich krank, überfordert und religiös entwurzelt fühle, mich an dem Bild des Baumes orientiere, eines Baumes, der gesund, kräftig und schön ist… Ich habe das Gefühl, dass etwas Außergewöhnliches im Traum und in meiner Seele geschieht… Der Traum zeigt mir durch das Bild des Baumes,…dass ich selber wohlwurzellos, das heißt oft ohne eigenen Standpunkt und echte religiöse Verankerung bin.“
C.G. Jung benannte diese Einheitswirklichkeit, in der das eigene Unbewusste mit Objekten der Außenwelt verbunden ist, als „unus mundus“, die „eine Welt“. Seele und Materie werden nicht unterschieden. Diese Eigenschaft wird in Medizinwanderungen und Visionquests genutzt: Durch eine innere Frage oder schlicht die Motivation des Rituals fokussiert der Wandernde sozusagen sein Unbewusstes. Nun begegnen ihm in der Wanderung, die Dinge und Wesen, die in Resonanz mit seinen seelischen Ereignissen stehen und Antwort auf seine Fragen geben. Wir finden z.B. Bäume, die eine starke Seelenresonanz zu unserem Lebensthema in sich tragen. Dies kann die Baumart sein, die spezielle Wuchsform des Baumes oder der Zustand, in dem er sich befindet. Animistisch betrachtet erkennen wir im Baum ein Lehrerwesen, das zum spirituellen Führer werden kann.
Kollektiv entsprechen andersherum unsere Fichtenplantagen, die viele Kinder als „Wald“ kennen, den man guten Gewissens tatsächlich nur in Anführungszeichen setzen darf, der Gleichschaltung der Kreativität und des Lebensgeistes unserer Seelen. So erkennen wir oft gar keinen Unterschied mehr zwischen einem WALD und einem „Wald“, oft, weil wir ersteren nie zu Gesicht bekamen. Viele empfinden den echten Wald als „unordentlich“, ebenso, wie gelebte Kreativität als chaotisch und ordnungsbedrohend empfunden wird. Wilhelm Reich nannte diesen Teufelskreis wiederum „Emotionale Pest“: Weil wir lebendige freie Bäume nie erlebt haben, verkümmert in uns der Drang nach freiem Leben und wir empfinden Urwälder (die es im eigentlichen Sinn in Europa gar nicht mehr gibt) als bedrohlich.
Gib dem Baum in Dir wieder Raum! Trete ungezwungen an Bäume, umarme sie und rede mit ihnen. Lass Bäume wieder zu Ratgebern werden. Schreibe Dir Deine Baum-Träume auf und gib ihnen damit Aufmerksamkeit, die wie Dünger wirken. Finde Deinen Baum-Lehrer und besuche ihn regelmäßig. Hör auf, den Baum in Dir zu beschneiden und Du wirst dir immer schwerer tun, Bäume im Außen zu beschneiden.
Lebe Deinen Baum!
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