Besiegte ein anderes Volk oder eine Volksgruppe seine Feinde, so gingen meist auch die schützenden Götter mit in den „Untergrund“. Sie wandelten sich zu Widersacherkräften. So war der „böse“ Bruder von Osiris, Seth, einstmals schützende Gottheit von Oberägypten. Durch den Sieg Unterägyptens mit Verehrung des Osiris verfiel er zur Widersacherkraft des großen Osiris.
Der Naturgott Pan wurde bei der Christianisierung zum formalen Urbild des Teufels: Hörner, Bocksbeine und Schwanz künden noch heute von der Gestalt des alten Naturgottes. Pan wurde ver-teufelt.
So wie ihm ging es vielen vorchristlichen Göttern: Der keltische Stammesgott Teutates wurde zu einer Gestalt in Mythen und Legenden: Einem Wilden Mann, einem magischen Männlein, das durch die Wälder streift und Naturfrevler bestraft. In der Verballhornung seines alten Namens ist er als „Tattermandl“ bekannt.
Die indischen Devas sind ebenfalls Ortsgottheiten gewesen. Der Begriff meint die göttliche Wesenheit einer höheren Dimension und ist vergleichbar mit der christlichen Vorstellung eines Engels. Etymologisch lässt sich das englische „devil“ (Teufel) auf die Deva zurückführen, ebenso wie dieses derselben indogermanischen Wortwurzel wie „deus“ (Gott) entspringt. Auch der Deva widerfuhr damit wenigstens zum Teil ähnliches wie ihrem griechischen Vetter Pan.
Der Fraubillenstein ist ein dreieinhalb Meter hoher Menhir. Er steht auf dem Ferschweiler Plateau in der Nähe von Trier. Er soll der Legende nach vom Heiligen Willibrord in ein Kreuz umgehauen worden sein. Bis heute jedoch gilt er als Sitz der Fraubille, einer feenartigen Gestalt. Wer sein Ohr an den Stein legt, kann sie hören, wie sie im Stein sitzt und am Spinnrad arbeitet. Mit dem Attribut des Spinnrades erkennen wir in Fraubille eine ehemalige Schicksalsweberin wieder, deren zentraler Fokus wohl einst der Menhir war.
Viele Natur- und Elementarwesen – Wassermänner, Nixen wie die Loreley, Berggeister wie Rübezahl, u.v.a. – sind die Schutz- und Ortsgottheiten vergangener Kulturen. Mit der alten Kultur gerieten auch sie in Vergessenheit. Jedenfalls fasst, denn in Sagen und Legenden überlebten sie und gaben den Menschen ein Bild für ihre Ortserfahrung.
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Bild © Stefan Brönnle
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