Heute wird in Dorfen (wo ich lebe) erneut "Hemadlenz`n" gefeiert. Am Unsinnigen Donnerstag tummeln sich dann hunderte, gar tausende, Menschen in Dorfen, bekleidet mit weißen Nachthemden. Nahezu einzigartig: Dieses närrische Brauchtum wird in den Morgenstunden gefeiert und hat zum 12:00 Uhr-Leuten seinen Höhepunkt.
Für alle Nicht-Bayern: "Hemadlenz" wird ein Fauler genannt, der bis zu den Mittagsstunden noch im Schlafanzug, bzw Nachthemd ("Hemad") gefaulenzt hat.
Was hat es mit diesem regionalen Brauchtum auf sich?
Auffällig ist: Der Hauptakt (siehe unten) des Ereignisses findet morgens statt (so dass Nachmittags eigentlich nur noch die Bierleichen wegzukehren sind - aber das ist ein anders Kapitel...)
Bekleidet sind die Narren mit weißen Nachthemden. Dies verweist auf den Winter und den Schnee. Im Winter blieb man gewöhnlich lange im Bett, da es nicht so viel zu tun gab und die Wärme des Bettes Heizkosten sparte. Das "Hemdlenz´n" beendet diese Winterruhe und läutet die Fruchtbarkeit des Frühlings ein.
Traditionell wird neben der alles dominierenden Farbe Weiß auch oft eine schwarze Schlafmütze und z.B. ein roter Schal (o.ä.) getragen. Die drei Farben schwarz - weiß - rot verweisen auf die Farben der Großen Göttin und zeigen damit, dass der närrische Brauch vermutlich bereits grundlegend aus vorchristlicher Zeit stammt.
Die Menschen sammeln sich vor dem Nordtor der Stadt (symbolisch der Winter). Mit im Zug ein Käfig mit einer ebenfalls weiß gekleideten Puppe - dem eigentlichen "Hemadlenz".
Von hier aus geht es in das Zentrum der kreuzförmig errichteten Stadt. Nach kurzer Station an der Marktkirche geht es weiter zum Osttor der Stadt. Hier im Osten, der Richtung des Frühlings, wird das Prinzenpaar abgeholt: Jemand steigt auf eine Leiter und schlägt von außen dreimal an das Fenster im Stadttor (etwa 1.Etage). Dazu ruft die Menge lauthals "AUFSTEHEN!". Das Fenster öffnet sich und das Prinzenpaar steigt über die Leiter hinab.
Durch das gerufene "Aufstehen!" ist bereits angedeutet, dass beide die Zeit im Bett verbracht haben. Nun steigen Mann und Frau (nach dem Vollzug der Himmlischen Hochzeit - aber das denkt man sich nur ;-) ) die Leiter als Symbol der Himmelsleiter (axis mundi) hinab in unsere Realitätsebene. Der Frühling kehrt im Osten ein und bringt die Fruchtbarkeit.
Als weitere Symbole tragen die Narren aufgeblasene Schweinsblasen (Symbole der Fleischlichkeit und Fruchtbarkeit, sowie Brez`n: Ebenfalls ein altes keltisches Lebenssymbol!)
Weiter geht es zurück in die Stadtmitte zum Rathaus. Hier muss nun der Bürgermeister aus dem Rathaus aus dem Fenster über die Leiter zu Boden steigen.
Weiter geht es zum (nicht mehr existenten) Südtor hinaus. Der ganze Tross beschreibt dabei in seiner Wegwahl eine Lemniskate und endet wieder in der Stadtmitte. Die Fruchtbarkeit wird in den Süden, den Sommer, getragen.
Vor dem Westtor schließlich wird der Hemadlenz aus dem Käfig geholt und unter lautem Gejohle als Symbol des Winters verbrannt.
Deutlich zeigen sich bei diesem regional sehr bekannten Narrenfest die Symbole der Weißen Göttin, die für den (Vor-)Frühling steht: Weiße Gewänder in Verbindung mit dem Hereinholen der Fruchtbarkeit im Osten.
Der Zug der Narren beschreibt den Sonnenlauf von Norden über Osten und Süden in den Westen und bringt damit das neue fruchtbare Jahr (auch durch das Durchschreiten der Stadttore und das Verbinden der Himmelsrichtungen im Stadtzentrum) in die Stadt herein.
Mit dem Zwölfuhrleuten (also bei Sonnenhöchststand) endet der eigentliche Festakt und die oft durchgefrorenen Narren suchen die Wirtshäuser zum Mittagessen auf.
Kommentare