Das Horn, aus dem sich Blumen und Früchte auf die Erde gießen, das Füllhorn, ist so sehr in der antiken griechischen Mythologie verankert, dass es schwer ist, eine einzige Wurzel dieses Symbols zu benennen.
Der bekannteste Mythos handelt von Kronos, der seine Kinder fraß, weil er prophezeit bekam, dass eines seiner Kinder ihn entmachten würde. Zeus wurde jedoch von Rhea in einer Höhle versteckt. Um ihn kümmerte sich die Nymphe Amaltheia, die ihn mit Ziegenmilch fütterte. In einer anderen Version ist sie eine Ziege. Doch in seiner Stärke und Macht brach das Kind der Ziege ein Horn ab. Amaltheia füllte es mit Früchten und überreichte es Zeus. Aus Dankbarkeit erschuf Zeus daher das Sternbild Steinbock. Aber auch Herakles, der dem Stier Alpheios ein Horn abbrach, wird als Wurzel benannt.
Das Füllhorn ist hierbei stets ein Symbol der Nährung und Sättigung, sowie des nie endenden Überflusses. Es steht in direkter Beziehung zu paradiesischen Zuständen, in denen dem Menschen, ohne sein Zutun, alles geschenkt wird, was er benötigt. Deutlich scheint hier auch die Beziehung von Mutter und Kind hindurch. So ist das Füllhorn ein Symbol der reichen Ernte und Fruchtbarkeit, des Reichtums und des Glückes.
Daher ist das Füllhorn auch ein Attribut der Großen Göttin Demeter, die ihren Reichtum auf der Erde ausgießt. Doch auch andere griechische Göttinnen und Götter besitzen dieses magische Artefakt. So z.B. Hades, der als römischer Pluto ebenso mit der Unterwelt (=Ahnen) als auch mit dem Reichtum verknüpft ist.
Eine weitere mythologische Figur, die das Füllhorn trägt, ist Tyche. Die Titanin Tyche ist Enkelin von Gaia und Uranos selbst und hat die Aufgabe inne, „das Gute treffen zu lassen“. Sie verkörpert damit eine Macht, die Veränderungen bringt, schenkt, gibt und lenkt. In Ihr scheint damit eine Schicksalsgöttin durch, die wie die Nornen in der germanischen Mythologie das Schicksal der Menschen bestimmt und lenkt. Tyche geht es weder um Belohnung, noch um Strafe, sondern um den Wandel an sich. Ihr Füllhorn ist daher weit mehr als ein Symbol der Vitalkraft und Fruchtbarkeit (ähnlich wie in den keltischen Kessel-Mythen), sondern reicht wie im Urdbrunnen der Nornen in das Schicksal der Menschheit hinein.
In beiden Aspekten – dem ewig Nahrung spendenden Gefäß und dem Gefäß des Schicksals – gleicht das Füllhorn (zumindest bei Tyche) den Attributen des heiligen Grals. Deutlich erkennen wir die Aspekte des Gefäß-Symbols zu den Ahnen (Hades/Pluto), der göttlich-mütterlichen Macht (Gaia/Demeter) der Fruchtbarkeit (Demeter) und des Schicksals (Tyche) - wobei das Horn als Symbol deutliche Beziehungen zur Machtsymbolik, als auch z.B. der Rinderverkultung zeigt.
Wir erkennen den im Füllhorn verborgenen Gral als Kraft der Erde, der Fruchtbarkeit, des Schicksals, der Mutter und der Ahnen. Attribute, die im Verständnis des Heilgen Grals unverzichtbar sind.
19.-22.12.2024 Odilia & die Wintersonnwende: Kosmischer Impuls, Kessel der Göttin und der Gral
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