Die neun Welten des nordischen Weltenbaums
Niflheim
Helheim liegt an den Wurzeln von Yggdrasil und ist Niflheim unmittelbar benachbart, sodass beide Reiche gelegentlich auch verschmelzen. Doch während Niflheim das Reich der Urquelle ist, ist Helheim das Reich der Toten. Helheim ist ein klassisches Jenseitsreich. Seine Regentin ist die Göttin Hel, Tochter des Gottes Loki und der Riesin Angrboda. Sie wird als halb lebendig und wunderschön und halb skelettiert und tot beschrieben. Während die Seelen gefallener Krieger nach Walhall gelangen, gelangen alle anderen, die den „Strohtod“ starben (d.h. im Bett) nach Helheim. Gelegentlich wird dies so interpretiert, dass nur die Ehrenvollen, Tapferen nach Walhall kommen, doch selbst verstorbene Götter wie Balder kommen nach Helheim, insofern kann es nicht so düster oder unehrenhaft sein, wie oft beschrieben, denn Balder war ein tapferer Gott. Vielmehr ist zu bemerken, dass Helheim unter dem Einfluss des Christentums in der Vorstellung immer düsterer und kälter wurde. Als chthonisches Reich, konnten die Christen sich nicht vorstellen, dass hier Glückseeligkeit herrschen könnte.
Helheim trägt den Namen seiner Regentin, wobei Hel sich vom proto-germanischen Substantiv *haljō ('verborgener Ort, die Unterwelt') ableitet. So gesehen hat die Göttin Hel eigentlich ihren Namen von dem Reich, dass sie regiert. Helheim ist das unsichtbare, verborgene Reich, das Lebende nicht sehen können.
Helheim ist umgeben von einem Zaun oder einer Mauer. Nur ein Tor gewährt Zugang. Durch dieses fließt der Fluss Gjöll („Der brausende“), der wiederum von der Brücke Gjallarbrú überspannt wird.
Aber von Hermod ist zu erzählen, daß er neun Nächte lang durch dunkle und tiefe Täler ritt, so daß er nichts sah, bis er zu dem Fluß Gjöll kam und auf die Gjöllbrücke ritt. Sie ist mit leuchtendem Gold gedeckt. Modgud wird die Jungfrau genannt, die die Brücke bewacht. Sie fragte ihn nach seinem Namen und nach seiner Herkunft und sagte, am Tag vorher seien fünf Scharen toter Männer über die Brücke geritten.
Snorri Sturluson. Gylfis Täuschung
Es spiegeln sich hier geradezu interkulturelle Vorstellungsmuster wieder: Wie der Styx im griechischen Mythos als Fluss das Reich der Toten abtrennt, ist es hier Gjöll. Die Brücke leuchtet vom Gold, indem sie gebaut ist. Es entspricht dem Licht, dass die Sterbenden sehen.
Der Hund Garm bewacht das Tor wie Zerberus in Griechenland. Zudem bewacht die Riesin Modgudr die Brücke. Wenn eine Seele sich dem Tor nähert, bellt Garm laut, sodass der Drache Nidhöggr erscheint. Er saugt den letzten Tropfen Blut aus den Toten. Das Lebenskraftsymbol Drache selbst sorgt dafür, dass keine Vitalkraft Helheim betritt.
Wie gesagt, in der Regel wird Helheim als kalt und düster beschrieben, doch es gibt Beschreibungen, die der Allgemeingültigkeit dieser Aussage widersprechen: Im Buch I der Gesta Danorum wird beschrieben wie König Hadingus leibhaftig nach Helheim geholt wird. Nach düsteren Gegenden sieht Hadingus schießlich sonnige Landschaften, in denen es blüht.
Die Seelen in Helheim bilden eine große Gemeinschaft, die miteinander interagiert und sich unterstützt. Und es gibt sogar einen Bereich Helheims, in denen sich Liebende begegnen, denen es zu Lebzeiten verwehrt war, sich auch Erden (Midgard) begegnen zu können. Welch wunderbarer Gedanke!
Insofern ist Helheim das irdische Reich der Seelen, während Walhall eher das kosmische des Allvaters ist. Die Göttin Hel habe ich auf meinen Reisen als zwar streng, doch zugleich unglaublich liebevoll wahrgenommen. Sie repräsentiert das Bewusstsein der Erde selbst (Hel, Holle,….), das ein eigenes Jenseitsreich bildet. Helheim ist buchstäblich für alle da!
22.-27.4.2025 Wandler zwischen den Welten
Titelbild shutterstock AI Generator
Weltenbaumbilder © Stefan Brönnle
Kommentare