Am präsentesten ist die Regenbogenbrücke in der nordischen Mythologie. Sie wird hier Bifröst, Bilröst, Beberast oder Asbru genannt. Nach Orchars bedeutet Bifröst soviel wie „schimmernder Pfad“, während Bilröst als „der Moment“ gedeutet werden kann, sich anlehnend an das kurze Zeitfenster, in dem der Regenbogen sichtbar bleibt. Der Germanist Rudolf Simek dagegen übersetzt, abgeleitet von bifa (schütteln) Bifröst als den „schwankenden Weg zum Himmel“.
Bifröst, der „schimmernde“ und „schwankende“ Pfad „der Augenblicks“ zum Himmel, ist die Regenbogenbrücke, die laut der Grimnismál (Poetische Edda) die erste aller Brücken ist. Sie verbindet die Götterwelt Asgard mit der Menschenwelt Midgard und wird vom Asengott Heimdall bewacht. Er sorgt dafür, dass nur Götter und im Kampf gefallene Seelen die Brücke überqueren können. Wenn der Weltuntergang Ragnarök eintritt, wird Bifröst – wie der Drache Fafnir weissagt - durch die Muspelsöhne zerstört werden und damit die Verbindung der Welten getrennt.
Die Regenbogenbrücke ist somit in der nordischen Mythologie eine Art axis mundi, ein Bewusstseinsweg, der verschiedene Seinsebenen verbindet.
Bei den Navajo wird, im Grunde sehr ähnlich, der Regenbogen als Weg der heiligen Geister beschrieben und dergestalt in heiligen Sandmalereien dargestellt.
Und selbst bei den Maori wird der Regenbogen zur Seelenbrücke: die Mondfrau, Hina, spannte einen Regenbogen vom Himmel zur Erde, damit ihr sterblicher Ehemann auf die Erde zurückkehren konnte, um dort zu sterben, damit der Tod nicht in ihr himmlisches Zuhause eindrang. - Eine Verbindung von Paradieswelt und irdischer Welt. Das Regenbogenmädchen Anuenue wirkt in den Legenden Hawaiis als Botin für ihre Brüder, der Götter Tane und Kanaloa.
In den australischen Mythen steht wie in der nordischen und japanischen Mythologie der Regenbogen am Anfang der Menschheitsgeschichte. Hier erschafft die Regenbogenschlange die Schöpfung in Träumen. Die Regenbogenschlange wird hier zum Urschöpfer der materiellen Welt und all ihrer Wesen schlechthin.
Während in all diesen Mythen der Regenbogen als verbindendes Bauwerk zwischen verschiedenen Bewusstseinssphären und Seelenweg des Menschen dient, wird offenbar aus indianischen Mythen der Regenbogen auch als Seelenweg der Tiere dargestellt. In modernen Fassungen davon, wartet ein geliebtes Haustier vor der Regenbogenbrücke auf seinen Menschenfreund, um mit diesem gemeinsam die Regenbogenbrücke zu überqueren, während Tiere, die vom Menschen misshandelt wurden, diesem den Gang über die Regenbogenbrücke verwehren.
Der Regenbogen – vor allem in seiner Funktion als Weg oder Brücke, aber auch als geistig-seelischer Urimpuls der Menschheitsgeschichte – ist somit ein Symbol des Bewusstseins des Menschen selbst, seiner Fähigkeit zu manifestieren, die Welten zu wechseln, die Erde zu durchseelen und nicht zuletzt zum Hüter derselben zu werden. So griff Greenpeace den indianischen Mythos der Regenbogenkrieger auf, die die Erde bewahren und hüten und machte den Regenbogen zum Bestandteil ihres Logos.
Titelbild © houchi/shutterstock
Bifröst © Bruce Rolff/shutterstock
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