Ich möchte Euch von einem Traum berichten, den ich am 5.März hatte:
Ich leitete ein Seminar in einem Seminarhaus, das an einer Bergflanke stand. Wir stiegen deshalb während des Seminars auf und nieder.
Ganz in der Nähe gab es einen besonderen Ort, den ich kannte: Ein unsagbar mächtiger Baum mit weit ausladender Krone. Dieser Baum hatte gut fünf bis sechs Meter Stammdurchmesser und muss gut 1000 Jahre alt gewesen sein. Dicht an den Baum gebaut, stand eine Kapelle, die den Baum als einen heiligen Ort kennzeichnete. In einem anderen Traumbild, war die Kapelle gar um den Baum herum gebaut, war zweistöckig, so dass der mächtige Stamm durch sie hindurchragte.
Diesen wunderbaren Ort wollte ich den Seminarteilnehmern zeigen. Doch dort angekommen, musste ich voller Entsetzen sehen, dass der mächtige Baumriese gefällt worden war. Es war nur noch der riesige Baumstumpf in der Kapelle zu sehen. Ich war erschüttert. Wie konnte man ein solches Natur- und Kulturdenkmal einfach fällen? Ich rang, darum, irgendwie die Fassung zu bewahren.
Da sprang mir etwas ins Auge: aus dem Wurzelbereich hatte sich ein Seitentrieb gebildet, der vielleicht 80 cm Durchmesser hatte und sich einst um den Stamm des Baumriesen herumgewunden haben musste. Der große Baum war gefällt worden, aber der Seitentrieb nicht. Er war stehen gelassen worden und so umwand er immer noch die unsichtbare Achse und schraubte sich spiralförmig in die Höhe…
Erschüttert
erwachte ich. Mehrere Tage ging ich mit diesem Traumbild schwanger.
Das Bild des gewaltigen Baumstumpfes und des sich spiralig nach oben
windenden Seitentriebes schwang in mir nach. Das Bild erweckte in mir
unmittelbar die Assoziation des Weltenbaumes: Sein mächtiger Stamm,
die riesige ausladende Krone, das hohe Alter des Baumes und die
Kapelle, die den Ort als heilig markierte, charakterisierten den Baum
als ein typisches Weltenbaumsymbol. Was mochte es bedeuten, dass der
Weltenbaum gefällt worden war? Was steht uns bevor, dass mir ein
solcher Traum gesendet wurde? Eine geraume Zeit fixierte ich mich auf
das erschreckende Szenario des gefällten Weltenbaumes.
Dann erst verschob sich meine Aufmerksamkeit auf den Seitentrieb, der den Hauptstamm einst umwunden hatte und nun den Rest des Weltenbaumes darstellte. Auch der Seitentrieb hatte inzwischen die Mächtigkeit eines normalen Baumes erreicht. Warum war er nicht mit gefällt worden? Und was bedeutete es, dass sich dieser Trieb spiralig um den nun nicht mehr existenten Hauptstamm wand? So erschütternd ich das Bild des gefällten Baumes empfand, so hoffnungsvoll und froh stimmte mich das sich nach oben drehende „Kind“ des Weltenbaumes.
Ich interpretiere das Bild so, dass tatsächlich unsere alte Verbindung in die anderen Welten und Seinszustände gefallen ist. Der alte Weltenbaum ist nicht mehr. Mag es die Dummheit, die Ignoranz oder die Gier gewesen sein, die den Menschen dazu veranlasst hatte, aber den alten Weltenbaum gibt es nicht mehr. Dies ist der Zustand unseres augenblicklichen Seins. Unsere Wirklichkeit zerrieselt uns zwischen den Fingern. Was Jahrtausende Bestand hatte, ist nicht mehr. Unser festgefügtes Weltbild ist zerfallen.
Doch die Natur lebt! Dem gerade nach oben wachsenden Baum setzte Gaia einen neuen Weltenbaum entgegen, der das männliche Prinzip des Nach-oben-Strebens mit dem weiblichen Prinzip des Umkreisens zu einer Spirale verband. Unsere neue Verbindung in die anderen Wirklichkeiten hinein verlangt von uns, Abschied zu nehmen vom linear-männlichen Denken und uns auf eine völlig andere Art des Seins einzulassen.
Unsere Kulturepoche zerfällt, doch der neue Trieb ist bereits da! Im neuen Weltenbaum begegnen wir auch Gaia in einem veränderten Seinszustand…
Titelbild © Stefan Brönnle (Vorlage: Baumstumpf KRAS_U/Shutterstock, Sternenhimmel Fotolia)
Bild gewundener Baum © Stefan Brönnle (Odilienberg)
Kommentare
Das ist ein wunderbarer Traum. Danke.
Wie schön..
Und mitunter auch ein Herzthema von mir! Seit Jahren sehe ich wie mein geliebter Harz immer kahler wird, doch weiß ich auch, dass diese Flachwurzler zu bestimmten Zwecke gepflanzt wurden. Und ursprünglich einst andere Bäume standen. Die Zeit ist im Wandel.
Die Raupe sagt:" dass ist das Ende" . Der Schmetterling " das ist der Anfang" 🐛🦋