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Der Verkauf der Seele

15. Apr. 2021 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Mythen, Symbole, Ethik, Seele | 0 Kommentare

Mensch und Teufel reichen sich vor Flammen die Hand
„Für einen großen Bau hätte ich wie Faust meine Seele verkauft. Nun hatte ich meinen Mephisto gefunden. Er schien nicht weniger einnehmend als der von Goethe.“
Albert Speer, Buch Erinnerungen


Der Pakt mit dem Teufel und das mit ihm einhergehende Überschreiben der Seele, der "Seelenverkauf", ist ein Motiv vieler Sagen und Märchen. Egal, ob Goethes Faust oder "Das Bildnis des Dorian Gray", aus Not, Gier, Neid, Machtstreben, Einsamkeit oder anderen Gründen überlässt der Mensch einer geistigen Entität - in der Regel dem Teufel - seine Seele. Diese Möglichkeit des Seelenverlustes, so oft sie im Märchen auch auftauchen mag, ist dem Christentum eigentlich fremd. Dem sind wir bereits in einem anderen Beitrag nachgegangen. Dennoch ist der Vorgang an sich in Politik, Wirtschaft, Beruf und vielen anderen Bereichen beständig zu beobachten. Manch einer steigt mit Elan,Enthusiasmus und vielen Idealen in ein Themenfeld ein, um dann nach meist nur wenigen Jahren innerlich gealtert, leer und ausgelaugt vielleicht mit einer großen Karriere, Bekanntheit oder viel Geld dazustehen, aber sich selbst nicht mehr zu spüren. Das Teuflische daran ist, dass man oft auf diese Weise durch den "Teufelspakt" letztlich selbst zum "hungrigen Geist" wie es im tibetischen Buddhismus heißt, zum Teufel, wird und andere aussaugt. Es ist der Verrat an den eigenen Idealen, an dem, was die Seele einst nährte, dem eigenen positiven karmischen Weg, der der Seele ihre Kraft entzieht.

Bleiben wir noch einen Augenblick in der Mythologie, so erkennen wir verschiedene Urbedürfnisse, die quasi gewaltsam angeeignet werden - in der Mythologie die Dämonenfürsten:

Der Dämon Asmodeus stammt aus der hebräischen Mythologie. Möglicherweise stammt der Kern dieser Entität sogar aus der Avesta, wo "Aeshma" als "Wut" zu übersetzen ist. Er gilt aber auch als Dämon der Wollust. Das Urbedürfnis der Leidenschaft kehrt sich in seiner Totalität gegen sich selbst und die gegen andere Menschen, ja selbst die Natur, gerichtete Leidenschaft führt schließlich dazu, dass sich die Seele im Schmerz des Herausfallens aus der Harmonie des Kosmos und der Natur selbst zerstört.

Der Dämon Mammon leitet seinen Namen vom aramäischen Wort מָמוֹן mamon ab, was "Vermögen" oder "Besitz" bedeutet. Das Bedürfnis nach Wohlstand ist ein legitimes Urbedürfnis, denn es verheißt eine gewisse Vorplanung und Sicherheit für Körper und Emotionalität. Die Grenze zum Verschreiben der Seele wird dort überschritten, wo eben jenes Bedürfnis anderer missachtet wird und man sich bereichert. Dies ist nicht abhängig von der Höhe des Einkommens, sondern davon, wie viel man dafür seelisch an Integrität aufzugeben bereit ist.

Der Dämon Luzifer bedeutet "Lichträger" und es war dies der alte Name der Venus als Morgenstern und Bringerin des Tageslichtes. Luzifer ist meist mit dem Stolz verbunden, also dem Urbedürfnis der Anerkennung. Wurde einem Menschen zu wenig unbedingte Liebe - also Anerkennung allein um seiner selbst willen - zuteil, so meint er diese mit Ruhm und Karriere "erzwingen" zu müssen. Man muss beweisen, "was man für ein toller Kerl ist" und attackiert jeden, der dieses Ansehen anzuzweifeln scheint.

So könnten wir fortfahren und den alles verschlingenden Dämon Leviathan (Babylon), der auf der Urkraftschlange beruht, als das Urbedürfnis der Lebensordnung erkennen, die in Kontrolle und Machtwahn umschlägt. Der Dämon Belphagor als Herr der Toten zeigt die Unfähigkeit Altes gehen zu lassen und sich nicht mehr ändern zu wollen, weshalb er zum Dämon der Faulheit wird, usf.

Es sind also Mangelerscheinungen der eigenen Seele, die darum ringen, ernst genommen und angenommen zu werden, damit das Urbedürfnis befriedigt wird. Stattdessen sucht man die Erfüllung im Außen und zwingt andere Menschen, die Tiere oder allgemein die Natur, diese zu erfüllen. Dies ist der eigentliche "Teufelspakt". Man erhält - wenn es gut läuft - auch tatsächlich Aufmerksamkeit, Ordnung, Sicherheit, Leidenschaft, oder eines der anderen Urbedürfnisse, aber eben nicht so, wie es die Seele letztlich braucht. Daher wird die Seele trotz äußerer Macht, Ruhm, Geld, usw. innerlich ausgelaugt. Diese seelische Verletzung führt zu einem Verlust der Lebenskraft, die auch körperlich sichtbar wird: Nägelkauen, sichtbare Alterung, Zittern, Vergesslichkeit, Burnout u.a.m.

Doch wie im Märchen, kann dem Teufel ein Schnippchen geschlagen werden. Der innere Antreiberdämon wird überlistet, indem man sich dem ursprünglichen Bedürfnis zuwendet und dies auf natürliche Weise stillt. So kann der Seelenvertrag umgeschrieben werden. Paradoxerweise erfordert dies aber in der Regel den Tod, bzw. den Verlust der unredlich erworbenen, "befleckten" Güter und Positionen. Als "Kraftobjekte" würden sie die alte Beziehung und damit den alten Seelenvertrag halten und weiter verankern. Um die Seele zurückzuholen, bedarf es der Vorbereitung der Wohnstatt für sie. Das Gefäß muss leer sein, um sie aufnehmen zu können.

Kollektiv ereignet sich gerade ein Bewusstwerden ungeheuren Ausmaßes in diesem Prozess: Zum einen werden die "Dämonen" immer sichtbarer, zum anderen erkennen - ja, gerade auch durch die Lebensreduktion, die ihnen auferlegt wird - immer mehr Menschen, was der eigentliche Leitfaden ihres Lebens ist, was wirklich wichtig ist im Leben. Dieser Konflikt zwischen der Gier der Dämonenfürsten nach immer mehr äußeren Leben und dem seelischen Erwachen in der erzwungenen inneren Stille ist einer der ganz großen Ereignisse dieser Schwellenzeit. Schlagen wir dem Teufel ein Schnippchen!



Bild © Stefan Brönnle (Vorlagen: Luis Louro & fluk samed/Shutterstock)

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