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Erde und Mensch: Das Märchen Der Eisenhans

22. Juli 2019 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Mythen, Symbole, Schamanismus, Märchen | 1 Kommentare

Wilder Mann im Wald

Märchen sind Mythen mit einer tiefen Symbolik. Sie greifen zurück auf kulturelle seelische Erfahrungsschätze. Viele dieser Seelenerfahrungen reichen dabei weit in die grundlegende Beziehung von Erde und Mensch hinein. In dieser Reihe wollen wir dem geomantischen Gehalt einiger Märchen nachspüren.
Wer das Märchen nicht kennt und noch einmal lesen möchte, findet es hier:

Der Eisenhans

Der Wilde Mann

Der Eisenhans führt uns zurück in die Kulturära des Animismus, der Beseeltheit der Natur. Zentrale Gestalt ist der Wilde Mann. Der Wilde Mann ist ein vor allem im Volksglauben des germanischen und slawischen Raums stark präsentes Wesen. Ein Mann, der vollständig in Blätter gehüllt ist, mit langen Haaren, ja, einem Fell bewachsen ist und fernab der Kultur in den wilden Wäldern lebt. Der Wilde Mann verkörpert die Kräfte der Natur, die Naturspirits und das Naturbewusstsein. Obgleich wild ist der Wilde Mann stets auch von großer Weisheit erfüllt und von einem inneren Wissen, das weit über den Intellekt hinausgeht.

Der Eisenhans lebt in einem Wald. Er ist von unbändiger Kraft – ebenfalls ein grundlegendes Attribut der mythischen Gestalt des Wilden Mannes. Alle Jäger, die ihn jagen, kommen dabei um. Ein Hund weist schließlich den Weg zu seiner Behausung. Im Märchen Eisenhans lebt der Wilde Mann am Grunde eines Teichs. Als Männer den Teich ausschöpfen, „so lag da ein wilder Mann, der braun am Leib war wie rostiges Eisen und dem die Haare über das Gesicht bis zu den Knien herabhingen."

Der Teich – ein Zugang zum Reich der Großen Göttin – ist zugleich die Behausung des Wilden Mannes. So ist er Naturkraft und Schwellenhüter in einem.
Doch der Wilde Mann, der Eisenhans, wird gefangen und in einen Käfig gesperrt, so wie auch die patriarchale, analytische Zivilisation die Kräfte der Natur bändigt und einkerkert. So verbringt der Wilde Mann seine Zeit im Käfig des Königs.

Eines Tages fällt dem jungen Prinzen ein goldener Ball in den Käfig. Ähnlich dem Märchen „Froschkönig" ist die goldene Kugel mit der Sonne als Bewusstseinssymbol verbunden. Das Sehnen des Bewusstseins des Jünglings führt ihn zu den Naturkräften zurück. Der Eisenhans weigert sich den goldenen Ball herauszugeben, ehe ihn der Jüngling nicht befreit. Er zeigt darin auch seine Allwissenheit, denn der Wilde Mann kann genau sagen, wo der Schlüssel für seinen Käfig aufbewahrt wird. Um seinen Ball wieder zu bekommen, öffnet der Jüngling die Käfigtür. Nun überkommt ihn aber die Angst vor der Strafe seiner Eltern, so nimmt der Wilde Mann den Jüngling mit in den Wald. Hier erfährt er von den Kräften der Natur, den Naturspirits, seine erste Lektion.

Der Goldene Brunnen

Wiederum ähnlich zum Märchen Der Froschkönig beginnt die spirituelle Reise des Jünglings an einem Brunnen. Der Brunnen ist ein Schacht, der tief in die Erde reicht, eine Weltenachse (axis mundi). So wird der Jüngling gleichsam mit dem schamanischen Prinzip der Weltenachse, des „Weltenbaumes", vertraut gemacht. Das Wasser des Brunnens ist pures Gold. Der Jüngling soll darüber wachen, dass der Brunnen nicht verunreinigt wird. Der Brunnen aus Gold ist die Urquelle des Seins und des Bewusstseins (Gold). Beim Blick in den Brunnen erhascht er den Blick auf eine Schlange, die sich im goldenen Wasser bewegt. Wie am Weltenbaum Yggdrasil der Drache Nidhöggr lebt und der Urdbrunnen an seinen Wurzeln steht, so lebt auch die Schlange in diesem heiligen Goldbrunnen.

Doch in der Faszination berührt der Jüngling das Wasser, wovon der Wilde Mann sofort Kenntnis hat, denn er ist ja selbst das lebendige Bewusstsein der Natur. Doch bei jeder Berührung verwandelt sich auch ein Teil des Körpers des Jünglings in pures Gold. Die Begegnung mit der Quelle des Bewusstseins verändert den Initianten für immer. Als schließlich auch sein Haupthaar das Wasser berührt, verwandelt sich dieses in Gold. Auch hier nutzt der Versuch das Haar zu verbergen nichts. „Da quollen die goldenen Haare hervor, und der Knabe mochte sich entschuldigen, wie er wollte, es half ihm nichts.
»Du hast die Probe nicht bestanden und kannst nicht länger hier bleiben. Geh hinaus in die Welt, da wirst du erfahren, wie die Armut tut. Aber weil du kein böses Herz hast und ichs gut mit dir meine, so will ich dir eins erlauben: wenn du in Not gerätst, so geh zu dem Wald und rufe "Eisenhans",« dann will ich kommen und dir helfen. Meine Macht ist groß, größer als du denkst, und Gold und Silber habe ich im Überfluß.«

Obgleich es scheint, dass der Jüngling verstoßen wird, bleibt ihm der Eisenhans treu. Allein seine Anrufung reicht, dass er zu Hilfe eilt.

Der Königshof

Nun verdingt sich der Knabe bei einem Königshof als Diener, zunächst in der Küche – dem transformierenden Prinzip der Nahrungszubereitung -, dann als Gärtner – dem Prinzip der Fruchtbarkeit. Die Prinzessin erkennt sein goldenes Haupthaar und ahnt um die Besonderheit des Jünglings. Mit seinem goldenen Haar ist der Jüngling gleichsam ein Gezeichneter. Er trägt das Bewusstseinsmal seiner spirituellen Verbindung zur Natur als leuchtendes Zeichen. Das Haar, die spirituellen Antennen, hält die Verbindung zum Naturbewusstsein.

Das Dreibeinige Pferd

Ein Krieg bricht aus. Ein äußeres Bild für den inneren Konflikt des Knaben: Berührt von den Naturkräften, lebt er ein Alltagsleben als Arbeiter in einer patriarchalen Kultur. Der Jüngling spürt den Ruf und macht sich auf. Dass ihm aus Spott nur ein hinkendes, ein dreibeiniges, Pferd zur Verfügung gestellt wird, ist natürlich mehr als Erniedrigung. Auch Frau Percht (die „Strahlende", das Abbild der Großen Göttin) begleitet die Wilde Jagd auf einem dreibeinigen Rappen und zu Pestzeiten begleitete die Göttin Hel auf einem dreibeinigen Pferd die Pestumzüge. Das Pferd ist das Reittier des Schamanen, ein spirituelles Gefährt, ein Trägersprit, das den Schamanen in die Jenseitsreiche trägt. Phythia saß in Delphi auf einem Dreibein wenn sie ihre Prophezeiungen sprach. Symbolisch ist der Dreibein, griechisch „Triskele", mit der Dreigestaltigkeit der Großen Göttin verbunden. Die dreigestaltigen Spiralen symbolisieren die dreigestaltigen Göttinnen wie z.B. im Keltischen die Dreiheit von Brigid (Jungfrau), Danu (Mutter) und Anu (Greisin). Auch ist die Triskele ein Symbol der wiedergeborenen Sonne und damit auch der Wiedergeburt des Bewusstseins im Menschen.

Das dreibeinige Pferd ist damit ein Symbol der ersten selbständigen schamanischen Reise, die der Jüngling unternimmt. Er reitet an die Schwelle zu Anderswelt und Jenseits, an den Großen Wald und ruft den Wilden Mann. Er zeigt sich damit befähigt die Spirits und das Naturbewusstsein herbeizurufen. Vom Wilden Mann erhält er Helferspirits, die ihm in die Schlacht folgen und so verhilft er dem Königsheer zu Sieg.

Die Drei Ritter

Bei einem Turnier tritt der Jüngling als drei Ritter auf: Zunächst in Gestalt eines Roten Ritters, dann als Weißer Ritter und schließlich als Schwarzer Ritter. Er verkörpert damit die Kraft der roten, weißen und schwarzen Göttin, ja er wird selbst zum Bewusstsein der Erde in seiner Dreigestaltigkeit.

In den drei Farben gewinnt er drei goldene Äpfel. Mit seinen Goldenen Haaren und den drei goldenen Äpfeln steht er nun vor dem König und erreicht mit der Hand der Prinzessin selbst die Königswürde. Auch einer der wichtigsten keltischen Götter, der Lichtgott Lug wird mit drei goldenen Äpfeln abgebildet. Sie stehen für Unsterblichkeit, Macht und Wohlstand.

So ist Der Eisenhans der Mythos einer schamanischen Initiation. Berührt vom Naturbewusstsein und geführt vom Wilden Mann als geistigem Begleiter und Lehrer erweckt der Jüngling die Kraft der dreifachen Göttin in sich. Dies befreit auch das Naturbewusstsein und Eisenhans, der Wilde Mann, tritt als strahlender König mit Gefolge auf:
Und als sie an der Hochzeitstafel saßen, da schwieg auf einmal die Musik, die Türen gingen auf und ein stolzer König trat herein mit großem Gefolge. Er ging auf den Jüngling zu, umarmte ihn und sprach:
»Ich bin der Eisenhans, und war in einem wilden Mann verwünscht, aber du hast mich erlöst. Alle Schätze, die ich besitze, die sollen dein Eigentum sein.«

Bild © Stefan Brönnle (Vorlage Wald Xurzon/istockphoto)

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