Kröten gehören zu jenen Tiergeistern, die offenbar weltweit einen kultischen Status erlangt haben. Im Gegensatz zum ihr nahestehenden Frosch, der stark mit dem Element Wasser verbunden ist, ist die Kröte ein typischer Erdgeist, während jener meist eher männliche Züge trägt, ist die Kröte in ihrer Symbolik eindeutig weiblich.
In China ist die Kröte so auch dem Yinprinzip zugeordnet: Ihre Fruchtbarkeit wird hier mit dem Reichtum assoziiert und die dreibeinige Kröte mit einer Münze im Maul ist auch im Feng Shui ein klassisches, gerne verwendetes Wohlstandssymbol. Ganz ähnlich ist die Kröte in Japan ein Glückssymbol. Vor allem Reisende bedienen sich ihrer gerne, insbesondere, wenn sie große Wasserflächen überqueren müssen. Krötenförmige Amulette sind in so manchem japanischen Portemonnaie zu finden, halten diese doch das Geld zusammen. Auch in Europa galten Kröten – neben den Schlangen – als Hüterinnen verborgener Schätze. Auch wir „halten unsere Kröten zusammen".
Stärker noch als ihre Wohlstandssymbolik, ist das Krötensymbol mit der Fruchtbarkeit, ja der Gebärmutter verbunden. Im antiken Griechenland und Rom waren Kröte und Uterus gleichsam austauschbar. Dies trug sich bis nach Mitteleuropa des Mittelalters fort, wo die Gebärmutter als ein selbständig im Körper wanderndes Wesen interpretiert wurde. Ja, in katholischen Wallfahrtsorten, die mit Frauenleiden verbunden sind, kann man bisweilen heute noch Votivgaben (Bild) in Krötengestalt entdecken. Im mexikanischen Sprachgebrauch bedeutet „much" (Kröte) zugleich auch Gebärmutter. Bereits bei den Maya war die Kröte Ausdruck der gebärenden Erdgöttin und man bot dieser krötenförmige Kultstatuen dar.
Lediglich bei den alten Ägyptern war Heket ein männlicher Gott mit dem Kopf einer Kröte, obgleich auch dieser Fruchtbarkeit und Geburt beschützte und sich daher vermutlich von einer älteren weiblichen Göttin ableitete.
Im Märchen „Prinz Kröte" wird die Königin alleine durch den Anblick einer Kröte schwanger und gebiert Kröten. So galt es im Volksglauben als unglückbringend, Kröten zu töten, da diese Kinderseelen mit sich trugen. Eine Frau, die schwanger werden wollte, legte vor einer Kröte ihre Hand flach auf den Boden. Sprang die Kröte hinein, so galt dies als Kindersegen.
In der Volksmagie machten junge Mädchen Männer gefügig, indem sie ihnen Wasser zu trinken gaben, in dem eine Kröte geschwommen war. Sollte sich der Mann ihr dennoch verweigern, so nähte das Mädchen der Kröte das Maul zu und der einst Angebetete starb im gleichen Zeitraum wie die Kröte.
So ist die Kröte letztlich eine Botin der Erde, der großen Göttin, selbst. Bei den Kelten galten die drei Entwicklungsstadien Ei, Kaulquappe und Kröte als eine physische Spiegelung der dreifachen Göttin mit ihren drei Aspekten der Weisheit (weiß), der Fruchtbarkeit (rot) und der Transformation (des Todes; schwarz). Die Kröte galt als Herrscherin des Landes. Diese Vorstellung trug sich fort in die christliche Symbolik, wo die drei Entwicklungsstadien nun als Symbol der heiligen Dreifaltigkeit gesehen wurden. So wurde die Kröte selbst im Christentum überwiegend positiv gedeutet und als Symbol der Erlösung und spirituellen Entwicklung gesehen.
Im Hinduismus glaubt man, die Kröten seien damit beauftragt, die Welt zu schützen und sie wurden vor allem zur Hüterin der Schwellen. Sie bewachen die Übergänge der Lebensetappen und haben eine starke Verbindung in die spirituelle Welt hinein.
Natürlich hat jedes Symbol auch seine Schattenseiten. Die starke Verehrung in nichtchristlichen Kulten ließ die Kröte auch auf Ablehnung stoßen. Als Vertraute der Magier („Catweazle") und Hexen, wurde die Kröte der Kirche suspekt. Nun geriet sie in den Verruf, Reisende vom rechten Weg abzubringen. Als Schwellenhüterin brachte sie nicht nur die Kinder in diese Welt, sondern bereits in der altägyptischen Vorstellungswelt auch die Seelen Verstorbener in die jenseitige Welt. Damit war die Kröte auch mit dem Tod verbunden und galt mancherorts als Todessymbol.
Der Krötenstein im Gehirn einer alten Kröte entstand, wenn mehrere Kröten auf den Kopf des „Krötenkönigs" sprangen. Setze man ihn auf ein scharlachrotes Tuch, so gab er den Krötenstein preis. Dieser „Bufonit" war ein mächtiges magisches Artefakt, das oft als Ring getragen wurde. Der Bufonit schützte vor allen erdenklichen Krankheiten, Unglück und Verzauberung und veränderte in der Nähe von Giften seine Farbe, um seinen Träger zu warnen. Shakespeare fabulierte in „Wie es Euch gefällt": „Süß ist die Frucht der Widerwärtigkeit; Die, gleich der Kröte, häßlich und voll Gift; Ein köstliches Juwel im Haupte trägt." In den Augen der Kirche Teufelswerk. Die Kröte konnte mit ihren Giften und Ausdünstungen ganze Brunnen vergiften.
Dennoch überwiegt deutlich die positive Symbolik der Kröte. Als Botentier der Großen Göttin, ja als ihre Repräsentantin schenkt sie Fruchtbarkeit, Wohlstand und Weisheit.
Die Kröte – Der mächtige Erdgeist
Bild Kröte © Taran_Sergey/adobe stock
Votivgabe Kröte/Gebärmutter Andreas Praefcke - Eigenes Werk (own photograph), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=15409347
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