Als Sheela-na-Gig (Gälisch Síle na gcíoch) bezeichnet man Frauenfiguren, die vorwiegend in Großbritannien und Irland an den Außenwänden von Kirchen, Klöstern und Burgen – meist in Eingangsnähe – angebracht sind. Sie präsentieren herausfordernd und oft mit den Händen öffnend ihre Vulva. 140 von ihnen sind noch an ihren Originalplätzen erhalten.
Dass diese Symbolfigur eine sexuelle, ja erotische Konnotation hat, ist offensichtlich. Gedeutet werden die Sheela-na-Gig-Figuren aber durchaus konträr. Christlich gelten sie meist als sündhaft-hässlich. Sie sollen damit gerade an der Außenseite des christlichen Sakralbaues das Böse (die Lust) fernhalten, gelten also als apotropäisch.
Konträr dazu sieht die Theorie von Joanne McMahon und Jack Roberts die Frauenreliefs als Symbole eines vorchristlichen Fruchtbarkeitskultes. Gestützt wird diese These vor allem durch die Tatsache, dass viele Sheela-na-Gig-Figuren aus anderem Steinmaterial gemeißelt sind als die Bauten, die sie tragen. Manche von ihnen zeigen die Figur mit schlangenartigen Beinen, so dass die Figur zwischen der Symbolik der Schlange (Erneuerung und Kraft der Erde) und der Muttergöttin (Magna Mater, Erde) angesiedelt sind.
So gibt es eine altirische Legende, die besagt, jedem zukünftigen König erscheine eine Frau als hässliche, lüsterne Hexe, um ihn zu verführen. Wenn der Königsanwärter ihre Innere Kraft und Schönheit erkennt und sie damit Erfolg hat, wandelt sie sich zu einer schönen Frau und schenkt ihm Erfolg und seiner Herrschaft ihren Segen. Die „Hexe" als Ausdruck der Kraft des Landes, der Landschaftsgöttin, mit der sich der König vermählt. Die Mythen um Sheela-na-Gig gleichen jenen der Melusine im kontinentalen Europa. Auch die zweischwänzige Fischfrau ist an vielen Kirchenportalen zu sehen und auch in Melusine verschmelzen Schlangensymbolik und Urkraft der Erde.
Geomantisch zeigen sich die Sheela-na-Gig-Figuren als Fokuspunkte der Landschaftsgöttin. Sie stellen damit gleichsam Anrufung und Verortung dieser Kraft dar. Die Urkraft der Erde und des Landes mit ihrer Fruchtbarkeit, Segen und Reichtum verheißenden Qualität bleibt in Irland bis weit ins 12.Jahrhundert hinein und darüber hinaus durch die Sheela-na-Gig präsent.
Bilder © Stefan Brönnle
Kommentare