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Das Spiel der Götter

20. Juli 2018 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Mythen, Symbole, Rituale, Schamanismus, Magie, Philosophie | 0 Kommentare

zwei Schachfiguren auf einem Brett im Himmel schwebend

Ein alter Mythos besagt, dass Gott sich langweilte. Darum erschuf er einen Gegenüber, dann mehrere und schließlich Myriaden von Bewusstseinsfragmenten, die heute den Kosmos bevölkern. Das Leben – ein großes Spiel des Bewusstseins.
Eine solche Anschauung mag verwirren, anlässlich des Leids, das es auf Erden gibt und mit vielen Leben verbunden ist. Und dennoch ist das „Spiel des Lebens" ein Grundmythos in vielen Kulturen.

Līlā (Sanskrit लीला) bedeutet soviel wie „Spiel Gottes". Der spirituelle Lehrer Rāmakrishna sagte einmal: „Das Spiel gehört ihm, dem die Ewigkeit gehört, und die Ewigkeit ihm, dem das Spiel gehört (...) Manche Menschen erklimmen sieben Stockwerke eines Gebäudes und kommen nicht wieder herunter; aber manche ersteigen sie und besuchen dann ganz nach Belieben die unteren Geschosse". Die Frage ist jedoch: Wie weit hinauf oder hinunter kann man steigen, ohne das Wissen oder Gefühl zu verlieren, dass man spielt?

In Tibet gibt es das Spiel Sa-gnon rNam-bzhags (= Bestimmung des Aufstiegs in Stufen). Es symbolisiert den Reinkarnationszyklus. Jedes Feld entspricht einem Inkarnationstyp, das letzte aber dem Nirvana. Es erinnert ein wenig an das bekannte Leiterspiel.

In Japan hat sich diese Grundvorstellung bis in die Alltagssprache hinein durchgesetzt. Das Verb asobu bedeutet soviel wie „entspannen, einem Zeitvertreib nachgehen, sich erholen, unbeschäftigtsein", oder eben „spielen". Ein Zenmeister „spielt" die Teezeremonie. In der Asobase-kotoba, der höflichen Redeweise, sagt man nicht „Ihr kommt in Tokyo an", sondern vielmehr „Ihr spielt Ankunft in Tokyo". Ja, selbst bei sehr ernsten Themen setzt sich diese Redeweise fort: „Ich habe vernommen, dass Euer Herr Vater Sterben gespielt hat" ist keine sarkastische, sondern eine sehr respektvolle Redewendung.

Wenn australische Aborigines die Schöpfungsszenen der Traumzeit nachspielen, werden diese gleichsam lebendig. Sie sind wirklich. Durch das Spiel wird die transzendente Wirklichkeit in die stoffliche Welt geholt. Auch die Maskenarbeit baut letztlich auf dieser Grundvorstellung auf. Die „Spieler" identifizieren sich mit den Geistern und Göttern und lassen so ein zeitlich-linear längst vergangenes Ereignis zur ewigen Wirklichkeit werden. Dies betrifft nicht nur indigene Kulturen. Wenn in Oberammergau alle zehn Jahre aufgrund eines Gelöbnisses aus dem Jahre 1633 die Passion Christi nachgespielt wird, dann erneuert sich zyklisch nicht nur die Hinwendung zu Gott, das Mysteriendrama um das Leben Christi wird ein tatsächlich stattfindendes Ereignis. Ob antik-griechisches Mysteriendrama oder afrikanischer Maskentanz, das rituelle Spiel ist ein wirkliches spirituelles Ereignis. Letztlich ist das Ritual, indem ein geistiger Prozess in eine äußere physische Form gebracht wird – Kerzen entzündet oder ausgeblasen werden, Wasser verschüttet wird, Bänder durchschnitten und auf Zettel geschriebene Sünden verbrannt werden -, das Nachspielen einer spirituellen Wirklichkeit, die genau durch das Spiel in die stoffliche Welt getragen und damit aus Wirklichkeit Realität wird. Das Spiel hat somit die Macht geistige und stoffliche Welt zu verbinden.

Viele unserer inzwischen formalisierten Brettspiele – Mühle, Backgammon (belegbar bis ins 12. Jahrhundert v. Chr), u.a. - waren einst rituell-magische Spiele, die die Wirklichkeit beeinflussten. Helle und dunkle Steine standen für die hellen und dunklen Kräfte des Jahres, für Tag und Nacht, für Engel und Dämonen.

Die Macht des Spieles wird in der systemischen Aufstellungsarbeit gegenwärtig, die eigentlich dem Mysteriendrama der Zulus in Afrika entstammt und von Hellinger lediglich psychologisiert wurde. Das Spiel des Aufstellens der „Figuren" erzeugt eine Verbindung in jenen geistigen Raum, der als transzendente Wirklichkeit Grundlage unseres „gespielten Lebens" ist. Die Veränderung der aufgestellten Figuren im Raum jedoch bewirkt umgekehrt eine Veränderung der höheren Wirklichkeit, die sich wiederum auf das materielle Leben auswirkt. Das ritualisierte Spiel fokussiert als magischer Akt die Schöpferkraft des Menschen auf diesen Moment, die die „höhere Wirklichkeit" verändert, was wiederum auf das „Spiel des Lebens" zurückwirkt.

Das Spiel ist damit Grundlage jeder magisch-rituellen Handlung, es ist die Basis des Wirkgefüges zwischen Geist und Materie. Jede gespielte Wirklichkeit und damit auch jede Lüge, jedes So-tun-als-ob manifestiert sich somit ein Stück weit und hat Rückwirkungen auf unsere physische Existenz. Dies ist die andere Seite des Spiels. Sie fordert die Authentizität. „Mehr als auf alles andere achte auf deine Gedanken, denn sie entscheiden über dein Leben." (Sprüche 4,23), oder: „Richtet eure Gedanken auf das, was im Himmel ist, nicht auf das, was zur irdischen Welt gehört." (Kolosser 3,2) steht auch in der Bibel. Das Spiel des Lebens wird von der Ausrichtung der Gedanken und des Herzens bestimmt. Insofern ist tatsächlich auch Leid ein Teil des Spieles. Durch dieses werden wir aufmerksam auf die Spieler und Spielleiter und die sind in der Regel wir selbst.

Circle of Soul – Der Kreis der Seele
Das „Wege der Seele" Essenz-Training mit systemischen Aufstellungen und schamanischer Ritualkraft.

Bild © dtvphoto/fotolia.com

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