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Binderune in der Kirche

02. Juni 2018 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Symbole, Rituale, Magie | 0 Kommentare

Mit Rötelstift gezeichnete Binderune

Die kleine St.Wolfgangskirche in Berg (Altenmarkt) ist ein Kleinod der Baukunst und birgt viele einzigartige Objekte. Zentral fällt der Schalenstein mir Durchschlupfportal auf, über den wir bereits berichteten. Die Kirche wurde im 13. Jahrhundert erbaut, Wallfahrtsüberlieferungen weisen aber darauf hin, dass bereits im 10. Jahrhundert hier eine Kirche stand.
Hinter dem Hochaltar zeigt sich verborgen ein Fresko um ein heute zugemauertes Fenstern. Darunter wird es spannend: Verschiedene Schichten wurden hier gefunden. Unter der heutigen Farbschicht der schlichten Weißelung der Kirche befindet sich das gotische Fresko aus dem 15. Jahrhundert (Spätgotik). Doch darunter wird eine weitere Schicht erkennbar, die offenbar aus der Anfangszeit der Kirche stammt und damit dem 13. Jahrhundert zugeordnet werden kann. Hier zeigen sich viele mittelalterliche Graffitis, die vorwiegend mit Rötelstift ausgeführt wurden.

verschiedene PutzschichtenWir richten unser Augenmerk auf ein etwa 20 Zentimeter großes Zeichen. Hierbei handelt es sich offenbar um eine sogenannte Binderune (Samstavsruner). Binderunen setzen sich aus mehreren Runen zusammen und ergeben so ein neues magisches Symbol. Grundsätzlich gibt es zwei Arten der Binderunen. Bei der ersten Art – sie wird Bandrunir genannt - sind die einzelnen Runen, aus denen sich die Binderune zusammensetzt, deutlich erkennbar. Eine Deutung ist hier relativ einfach. Bei der zweiten Art – Galdrastafr – werden die Runensymbole so mit einander verquickt, dass sie oft kaum zu trennen sind und lediglich das magische Symbol als ganzes erfahrbar wird.
Binderunen – insbesondere Galdrastafr - stellen somit eine Runenform der Sigillenmagie dar. Sigille stammt vom lateinischen sigillum, was „Bildchen" oder „Siegel" bedeutet. Durch die Kreation eines nicht vom Verstand entschlüsselbaren Symbols wirkt die Sigille, respektive die Binderune unter Umgehung des Verstandes unmittelbar auf das Unbewusste ein. Damit wird auf die Urkraftebene unseres Seins zugegriffen.

Rune Algiz in aufrechter und gekippter FormIn der Binderune von St. Wolfgang handelt es sich offenbar um eine Übergangsform der Bandrunir zur Galdradstafr. Deutlich tritt uns die Rune Algiz in seiner aufrechten Form entgegen. Algiz bedeutet, insofern man Symbole überhaupt in wenige Worte fassen kann, ein universelles Schutzzeichen. Die nach oben gerichteten Äste bilden einem Geweih oder Antennen gleich eine Verbindung zum Göttlichen. Man kann sie daher auch mit dem spirituellen Erwachen, der Anrufung kosmischer Kräfte, oder schlicht mit der Bedeutung „Glück und Lebenskraft" gleichsetzen.

Darunter ist mit Algiz ihre umgekehrte Form (Yr) verbunden. In ihrer Umkehrung könnte man sie daher mit dem Tod gleichsetzen. Leben und Tod verbunden in eins. Wie aber die aufrechte Form eine Antenne in den Himmel darstellt, so die umgekehrte auch eine Antenne in die Erde oder Unterwelt. Diese Einfache Binderune kann so als der Weltenbaum verstanden werden, der Himmel und Erde, Leben und Tod, verbindet.

Rune IsaDie Deutung des mittleren Abschnitts ist ungleich schwerer, da keine Rune des Futhark unmittelbar gezeigt wird. Freilich könnte man im senkrechten Strich die Rune Isa vermuten, die man u.a. mit Beständigkeit, dem Innehalten und der Klarheit assoziieren kann. Auch eine Rückkehr zum Ursprung kann mit ihr magisch initiiert werden. Gelegentlich steht sie jedoch in dem Ruf, andere Runen zu schwächen. Es bleibt daher zunächst fraglich, was die Intention der Binderune als ganzes und vor allem der mittleren Linien sein kann.

chi-rho, ChristusmonogrammDie Nutzung von Binderunen in christlichen Kirchen ist nicht so unwahrscheinlich, wie es zu nächst scheint. In der Umgebung von Falera (Schweiz) sind mehrere Kirchen mit eingemeißelten Runen und Binderunen zu bestaunen. Auch das „Chi-Rho", das Christusmonogramm, das in Kirchen sehr häufig auftritt, kann als eine magische Sigille verstanden werden und wurde als solche in der Volksmagie gerne genutzt. Das Chi-Roh setzt sich aus den ersten beiden übereinander geschriebenen griechischen Buchstaben Χ (Chi, gesprochen: ch) und Ρ (Rho, gesprochen: r) des griechischen Wortes Χριστός, Christós (Christus) zusammen, kann aber auch aus den Runen Thurisaz und Algiz bzw. Hagal erstellt werden.
Erstaunlich ist vielmehr der eindeutige Runenbezug sowie vor allem der Ort des Graffitis. Die Binderune befindet sich im Allerheiligsten, unmittelbar hinter dem Hochaltar. War hier ein Anhänger der alten Religion bemüht, den Ort wieder seiner alten Bestimmung zuzuführen (Stichwort Weltenbaum und Rückkehr zum Ursprung?), oder handelt es sich um christliche Volksmagie? Warum aber blieb das Graffiti solange erhalten?

Bilder © Stefan Brönnle

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