Die 4 Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft sind die 4 archetypischen Kräfte der westlichen Philosophie. Wie bei allen Archetypen meinen diese nicht nur das konkrete physische Element. Das Element Wasser wird also nicht nur durch das physische Wasser vertreten, sondern alles, was fließt. Das Feuer ist der Archetyp der Dynamik. Die Erde ist das statische Element, das Element der Körperlichkeit und der Form und das Luftelement ist das flexibelste. Es steht nicht nur für die atembare Luft, sondern alle Gase, ja sogar die Gedanken und Kommunikation.
In der Geomantie sind die 4 Elemente vertreten in den Zuordnungen der Himmelsrichtungen. Da die westliche Geomantie durch viele Geistesströmungen geprägt wurde, variieren diese.
Wie beim Analogiedenken üblich, ist das Bezugssystem wichtig. Erst durch dieses verstehen wir den Sinn der Zuordnungen. Ich möchte daher hier einige mögliche Zuordnungssysteme und ihre zugrundeliegenden Bezugssysteme beschreiben, um anschließend das von mir in der Geomantie propagierte zu erklären.
Der räumliche Aspekt
In Mitteleuropa erfahren wir die Himmelsrichtungen anders als in Asien, Amerika oder gar auf der Südhalbkugel. Wir erleben z.B. den Raumaspekt der Landmassen und ihrer Topografie, auch wenn wir nicht unbedingt die unmittelbare Sinneserfahrung dazu besitzen. So liegen im Osten die großen Landmassen Eurasiens. Das weite Festland. Sie sind auf der räumlichen Ebene eine Spiegelung des Elementes ERDE. Im Süden gehen wir in Richtung Äquator, der Wärme entgegen. Daher erfahren wir im Süden Europas das FEUER-Element. Im Westen liegt die Wassermasse des atlantischen Ozeans. Wir erleben das WASSER-Element. Im Norden dagegen erleben wir (gerade in Deutschland) Weite und Himmelsbetonung: Das LUFT-Element. Die beiden Yin- und die beiden Yangelemente bilden ein Kreuz.
Der klimatische Aspekt
Klimatisch stellt sich die Verteilung der Elemente etwas anders dar. Hier erleben wir im Osten die Trockenheit des kontinentalen Klimas (Element LUFT), im Süden die Wärme und Dynamik des Elementes FEUER, im Westen die kühle Feuchte des Elementes WASSER (von hier kommt der Regen) und im Norden die Starre und Kälte des Elementes ERDE. Es stehen sich jeweils ein Yin- und ein Yangelement gegenüber.
Der zeitliche Aspekt
Im Winter ruht die Natur. Der Same, der Impuls, liegt als Potenzial in der Erde. Diesem Zustand entspricht das Element ERDE. Der Winter entspricht der Himmelsrichtung Norden. "Zeitlich" findet sich daher die ERDE im Norden. Im Frühling brechen Knospen und Blätter auf. Sie stehen für den "Wunsch", etwas tun zu wollen, etwas aus dem Impuls zu entwickeln. Blätter entsprechen dem WASSER. Der Frühling, der Neubeginn des Jahres entspricht dem Morgen, dem Neubeginn des Tages und damit dem Osten. "Zeitlich" steht im Osten des WASSER. Im Sommer kommt es zur Blüte der Pflanze, dem Gedanken (Planen, Entwickeln = Entwicklung der späteren Frucht). Sie stehen beide für das LUFT-Element. Der Sommer entspricht dem Süden. Daher findet sich im Zeitaspekt das LUFT-Element im Süden. Im Herbst reifen die Früchte. Sie entsprechen auch den Handlungen. Das Reifen, aber auch die Rotfärbungen des Laubs stehen für das FEUER, die Tat (Choleriker sind Tatmenschen!). Der Herbst entspricht dem Westen. Daher steht "zeitlich" das FEUER im Westen. Wiederum ergibt sich eine völlig anderes Elemente-Verteilungsbild: Auch hier stehen sich polare Yin- und Yangelemente gegenüber, aber in einer anderen Verteilung als in der
klimatischen Betrachtung.
Der geistig-seelische Aspekt
Der geistig-seelische Aspekt ist schließlich jene Elementeverteilung, die von mir in der geomantischen Arbeit am meisten Berücksichtigung findet. Unsere Kirchen sind geostet, der aufgehenden Sonne entgegen. Im Osten steht der Altar. Der Osten versinnbildlicht mit dem Aufgehen des Bewusstseins (Sonne) die Spiritualität. Die Spiritualität und ihr Sinnbild die Sonne ("Er-Leuchtung") sind klassische FEUER-Attribute.
Geistig-seelisch finden wir im Osten das FEUER. Im Süden erleben wir die Emotionalität. Süden, das steht in Europa für Italien: Cappuccino, Amore, Lebenslust,... Hier wird stark die Gefühlsebene angesprochen, das WASSER-Element. Daher steht geistig-seelisch im Süden das WASSER. Im Westen erleben wir die Materie, die Körperlichkeit. In der christlichen Sakralarchitektur findet man im Westen z.B. Marienaltäre (Westaltäre), die den Christusaltären im Osten gegenüberstehen. Es ist die Mutter, die Mater, die Materie. Im Westen finden sich aber in Domen oft auch die Kaiserlogen (oder Königslogen). Die weltliche Macht steht der geistigen im Osten gegenüber. Oder es finden sich hier Michaelskapellen. Michael, der Erzengel, der den Drachen (Urkraft, Materie) bezwingt. Ein Schutz vor den im Christentum als "dunkel" empfundenen Kräften der Erde (Triebkräfte, Körperlichkeit, Sexualität). So ist geistig-seelisch dem Westen des ERD-Element zuzuordnen. Auch kollektiv steht "der Westen" stets für Materialismus (USA) während im Osten Spiritualität gesucht wird (Indien,China). Im Norden schließlich herrscht das Mentale vor. Hier findet sich "hanseatischer Kaufmannsgeist" und die "kühlen Nordlichter", Sinnbild der Ratio, des Verstandes. Im kühlen Norden erfahren wir die Klarheit des Geistes, das LUFT-Element.
Auch kleinräumiger in Deutschland erfahren wir eine entsprechende Aufteilung in der gelebten Religion: Im Norden herrscht der Ratio-(LUFT-)betonende Protestantismus vor, während im Süden der Emotions-(WASSER-)betonende Katholizismus dominiert, mit seinen gefühlsbetonten Riten mit Weihrauch und Weihwasser, mystisch wie es der Melancholiker liebt.
In der geistig-seelischen Aufteilung stehen sich LUFT und WASSER (Verstand und Emotion)
einerseits und ERDE und FEUER (Körper/Materie und Geist/Spiritualität) andererseits
gegenüber, ähnlich wie in der klimatischen Aufteilung.
Obgleich es, wie ich ausdrücklich betonen möchte, nicht um richtig und falsch geht,
bevorzuge ich diese geistig-seelische Verteilung in der geomantischen Interpretation und Gestaltung.
Ist daher der Norden eines Hauses sehr offen (Türe, große Fenster), so wirkt verstärkt die LUFT. Ist dort lediglich eine Trennmauer zum Nachbarhaus, oder ich sehe nur auf einen engen Lichtschaft ohne Ausblick, so ist das LUFT-Element gehemmt. Vergleichbares gilt für die anderen Richtungen.
Weiterbildung:
Geomantieausbildung 2018 Raum und Mensch
Die Kraft der 4 Richtungen – Die 4 Schilde in mir
Buchtipp: Das Haus als Spiegel der Seele
Bilder © Stefan Brönnle
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