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Vision und Führung

21. Sept. 2017 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Wahrnehmung, Ethik | 2 Kommentare

Historisches Gemälde Johanna von Orleans

Als ich dreizehn Jahre alt war, hatte ich eine Stimme, die von Gott kam, um mich zu leiten. Das erste Mal hatte ich große Furcht. Die Stimme kam zur Mittagsstunde; es war im Sommer, im Garten meines Vaters. Ich habe die Stimme gehört mit zur Rechten, von der Seite der Kirche her. Fast immer begleitet sie eine große Helligkeit. Dieses Licht kommt von derselben Seite, von der man die Stimme vernimmt. Dort zeigt sich meist ein heller Schein. Beim dritten Anruf wusste ich: Es war die Stimme eines Engels. Die Stimme hat mich immer recht geleitet, und ich habe sie immer verstanden. [Sie befahl mir], mich gut zu führen, in die Kirche zu gehen. Sie sagte mir, es sei notwendig, dass ich, Johanna nach Frankreich ginge. Zwei-, dreimal in der Woche sagte mir die Stimme, dass ich, Johanna, nach Frankreich gehen müsste. Die Stimme befahl mit, die Belagerung von Orléans aufzuheben. Ich antwortete, ich sei ein armes Mädchen, das nichts vom Reiten noch von der Kriegführung verstünde. Es gibt keinen Tag, an dem ich die Stimme nicht höre; und ich bedarf ihrer."

So berichtet die unter dem Namen „Johanna von Orleans" bekannt gewordene Johanna von ihrer ersten Erscheinung. Ein Bauenmädchen, ohne Schulbildung, erlangt durch ihre Wahrnehmungen das missionarische Charisma, tausende von Anhängern und politische Führungspersönlichkeiten um sich zu scharen. Zwischen „Heilige" und „Wahnsinnige" liegen ihre Klassifikationen. Der berühmte Neurologe Oliver Sacks ist der Meinung, die Vermutung läge nahe, dass Johanna unter „Temporallappenepilepsie mit ekstatischen Auren" litt. Nur erklären solche medizinischen Klassifikationen leider nicht, wie die wahrgenommenen Nachrichten und Informationen sie sinnvoll „steuern" konnten. Wie Johanna sagte: „Die Stimme hat mich immer recht geleitet". Hätte sie dies nicht, wäre sie wohl schon zu Beginn ihrer Karriere im Irrenhaus gelandet.

Auch Adolf Hitler war von Visionen geleitet. Im November 1918 lag er aufgrund einer Senfgasvergiftung im Lazarett und wurde dort auch psychiatrisch behandelt. In seiner Vision wurde Hitler aufgefordert, Deutschlands Niederlage ungeschehen zu machen. Der kanadische Psychiater W.H.D. Vernon beschrieb Halluzinationen und Größenwahn Hitlers und brachte sie mit Symptomen der Schizophrenie in Verbindung. Ohne Zweifel machten auch Hitlers Visionen aus ihm eine charismatische Persönlichkeit.

Heilige auf der einen, Dämon auf der anderen Seite, beide getrieben von Ihren Visionen und ihrem mit dem Land verbundenem Schicksalsbezug, nach eigener Vorstellung auserwählt, ein Volk zu führen. Damit stehen die beiden nicht allein: Echnaton, Caesar, Nero, Robespierre, Ludwig II. von Bayern, u.v.a. politische Führer wurden von Visionen angetrieben. Für die jeweiligen Anhänger waren sie oft so etwas wie Heilige, dennoch waren ihre Entscheidungen und eingeschlagenen Wege alles andere als für die gesamte Menschheit nutzbringend.

Visionen – selbst wenn sie sich in Einzelfällen als wahr herausstellen – sind kein Garant für Ethik. Dies wird auch in Esoterikkreisen oft verwechselt. Selbst bei der Weltsicht, dass die Erfahrungen, die die poltischen Führer antrieben, nicht krankhaft, sondern echte spirituelle Erfahrungen waren, stellt sich dennoch beständig die Frage wes Geistes Kind sie sind. Ein offener Kanal kann von verschiedenen Kräften genutzt werden. Insbesondere geschilderten Zwängen („Die Stimme befahl mit, die Belagerung von Orléans aufzuheben") sollten stets mit Kritik begegnet werden, denn sie entbinden nicht von der eigenen Ethik. Diese, respektive das Gewissen, sind das Maß der Dinge, nicht die Vision selbst.

Charismatische Visionen sollten uns daher in der Politik stets Warnung sein. Das soll nicht heißen, dass wir inspirationslos leben sollten, ganz im Gegenteil, doch der angestammte Platz des Schamanen ist der des Brückenbauers und Beraters, nicht der des Führers. Wann immer auch aktuelle politische Führer von metaphorischen oder echten Visionen schwadronieren, gilt es stets sein eigenes Herz befragen. Das gleiche gilt selbstverständlich auch für geistige Führer. Letztlich kann die Vision eines anderen Hilfe sein, Entscheidungsgrundlage aber niemals. Diese bleibt ausschließlich das eigene Herz.

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