Der 24. Juni – 3 Tage nach Sommersonnwende – ist Johannes dem Täufer geweiht. Zahlreiche Brauchtümer wie die Johannisfeuer, das Entzünden von Sonnenrädern oder das Los-Orakel sind mit diesem Tage verbunden und eindeutig vorchristlicher Natur.
Auch die Figur des Johannes selbst trägt wesentliche schamanische Elemente in sich. Sein Name bedeutet „der von Gott begnadete“. Johannes gilt also als vom Göttlichen (im Schamanischen würde man von „den Spirits“ sprechen) begünstigt oder erwählt. In einer bereits durchorganisierten jüdischen Tempelstruktur, der Sein Vater Zacharias als Priester angehörte, wählt er den Weg außerhalb der Organisation. Er geht in die Wildnis, um die göttliche Kraft unmittelbar zu erfahren und nicht im Tempel, im verschlossenen Haus.
Abgebildet wird Johannes der Täufer bekleidet mit einem Fell. Er trägt kein gewebtes Gewandt, sondern wie ein Schamane tritt er mit der Kraft des Tieres auf. In manchen Legenden ist es sogar das Fell eines Wolfs. Johannes ist es, der Jesus initiiert. Er macht aus Jesus den Christus, den „Gesalbten“. Das Ritual ist die Taufe, durch die er den Geist in Jesus zieht. Wie anders sollte man diese Handlung sehen, als eine schamanische Einweihung? Damals war die Taufe kein Bespritzen mit Wasser, sondern ein minutenlanges Untertauchen im Fluss, das den Initianten quasi einen initiatorischen Tod, eine Nahtodeserfahrung, erleben ließ. Johannes kennt also Bewusstseinstechniken, abseits der organisierten jüdischen Religion, die die „Persona“ wandeln.
Auch sein Feiertag, der 24.Juni, ist nicht einfach nur eine Umlegung alter Sonnwendfeste: Zur Sommersonnwende geht die Sonne an ihren nördlichsten Punkten auf und unter. Drei Tage scheint sie an diesem nördlichsten Extrem zu verharren, dann wandern ihre Auf- und Untergangspunkte wieder langsam gen Süden. Johanni, der 24. Juni, zeigt damit den Zeitpunkt an, an dem die Sonne den höchsten Punkt im Jahreskreis überschritten hat.
Im Mythos wird Johannes der Täufer, die die Sonne verkörpernde mythische Gestalt, auf Bitten der Königin Salome geköpft: Die Sonne hat das Haupt, den höchsten Punkt, verloren. Dargestellt wird hier der vom Haar oder einem Strahlenkranz umgebene Kopf des Johannes auf einer – meist silbernen - Platte. Silber ist das Metall des Mondes. Ab Johanni nun wird die Bahn des Mondes langsam höher und höher, um im Winter ihr nördlichstes Extrem einzunehmen. Die Sonne verliert ihre Kraft, der Mond gewinnt die Seine. Hier tritt Jesus als Mondheros auf. So sagte dem Mythos nach Johannes selbst über Jesus: „Er muss wachsen, ich muss abnehmen“ (Joh.3, 27-30).
So zeigt die Verehrung der Gestalt des Johannes des Täufers weit über die kirchliche offensichtliche Interpretation hinaus, tiefe Wurzeln im heidnisch-schamanischen Kultus.
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