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Abkopplung von der Erde und Wiederbegegnung: Unser Wirtschaftssystem (Teil4)

12. Mai 2017 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Ökophilosophie, Erde, Ethik | 0 Kommentare

Halbe Erde halber Euro

Wir entfernen uns von der Erde – mehr und mehr. Unsere „Zuvielisation“ hat einen Punkt erreicht, von dem aus die Erde nicht viel mehr ist als ein mechanisches Konstrukt, eine Rohstoffquelle, ein Spekulationsobjekt. Dazu tragen wir alle bei. Diese kurze Artikelreihe soll zeigen wie sehr wir uns von der Erde entfernen, aber auch wie einfach wir ihr wieder begegnen können.

Die Abkopplung durch unser Wirtschaftssystem

Alles in der Natur hat seine Rhythmen. Eine Pflanze wächst, blüht und gedeiht, um dann zu welken und zu vergehen. Nahrungsmittel haben ihre Haltbarkeit. Sicher, manche Getreidekörner aus Gräbern sind noch nach vielen hunderten Jahren keimfähig, dennoch unterliegen auch sie letztendlich dem Verfall. Kein harmonisches Wachstum in der Natur wächst unaufhörlich. Wo dies eintritt, befindet sich das entsprechende System in der Krankheit. Krebs ist ein Beispiel für sich unaufhörlich und unkontrolliert vermehrende Zellen: Wenn das Krebswachstum nicht gestoppt wird, stirbt der Organismus.

Genau dieses Grundprinzip des ewigen Wachstums liegt aber unserem Geld- und Wirtschaftssystem zugrunde! Wir befinden uns wirtschaftlich gesehen im Krebs im Endstadium. Denn ewiges Wachstum zehrt den Organismus aus bis wichtige Organe ihre Funktion nicht mehr erfüllen können. Woher kommt die Idee des immerwährenden Wachstums in unserer Gesellschaft und welcher Zwang liegt ihr zugrunde?

Zinssystem

Unser Geld- und Wirtschaftssystem beruht auf zwei Grundprämissen:

  1. Schuldgeld: Das Geld, das gedruckt wird (und natürlich auch das virtuelle Giralgeld auf den Konten) entsteht AUSSCHLIESSLICH durch Schulden. D.h. Jeder Euroschein, der in Deinem Geldbeutel ruht, ist ein Kredit. Geld wird von Banken nur herausgegeben, wenn sich jemand dieses Geld leiht!
  2. Zinssystem: Wenn man sich Geld leiht, muss man darauf Zinsen bezahlen. D.h. man muss mehr zurückzahlen als man genommen hat. Woher kommt dieses zusätzliche Geld? Kehren wir zu Punkt 1 zurück: Irgendjemand muss es sich leihen und auf dieses geliehene Geld Zinsen bezahlen, die woher kommen?...Richtig, von jemand, der es sich leiht und darauf Zinsen bezahlt. Und um das System noch richtig in Schwung zu bringen, werden auch die Zinsen verzinst.

Wozu führt dieses System? Zur Ausbeutung. Du kannst dich entscheiden zu den Verlierern zu gehören oder zu den Gewinnern, die andere verlieren lassen. Gehörst du zu den Gewinnern wirst du gezwungenermaßen zum Ausbeuter. Um die Zinsen bedienen zu können, MÜSSEN Menschen, Tiere, Pflanzen und letztlich die Erde selbst ausgebeutet werden. Es gibt keinen anderen Weg. Oft sagen wir: „Geld arbeitet“, doch ich glaube niemand hat wirklich je Geld arbeiten gesehen, oder? Es sind Menschen, die für die Erfüllung der Zinslast arbeiten. Es sind Tiere, die dafür arbeiten oder anderweitig ausgebeutet werden, es sind die Bäume, die dafür gefällt werden.

Die Entstehung des Zinssystems ist eng mit dem Patriarchat verknüpft. Die patriarchalen Kulturen hatten um 1500 v. Chr. die matrifokalen Gesellschaften weitgehend verdrängt. Genau zu dieser Zeit, werden auch die ersten Zinssysteme eingeführt. Der Irrsinn des Systems war dabei schon früh den Menschen bewusst. Zinsverbote gab es daher bei den antiken Juden, ebenso wie im christlichen Mittelalter („Wucher“), oder dem Islam. Das Problem dabei: Die Verbote galten nur innerhalb der Glaubensgemeinschaft der patriarchalen Religionen. D.h. im Mittelalter war es einem Christen verboten, einem anderen Christen gegen Zinsen Geld zu leihen – darum übernahmen es die Juden. Die Ausbeutung blieb erhalten, nur verlagerte man sie außerhalb der Glaubensgemeinschaft, was wiederum aber zu Spannungen, Ausbeutung und letztlich Kriegen führte.

Richard Price stellte 1772 eine Rechnung auf, die den Irrsinn des Zins-und-Zinseszinssystem offen legt: Den sogenannten Josephspfennig: Nehmen wir an, Joseph hätte – wie das bei der Geburt von Kindern üblich ist – zur Geburt seines Sohnes Jesus auf der imaginären Bank von Galiläa ein Sparbuch eröffnet und einen symbolischen Betrag von einem Pfennig (oder nehmen wir aktuellen einen Eurocent) eingezahlt. Danach sei das Sparbuch aber vergessen worden, das nun zu einem für die heutige Zeit großzügigen Zins von 5% 2000 Jahre lang Zins und Zinseszins angehäuft hätte. Wieviel wäre im Jahr 2000 für die Nachkommen des historischen Jesus auf dem Sparbuch? Die Summe ist so unglaublich, dass sie unsere Vorstellungskraft sprengt: Es wäre der Gegenwert von 23 Billionen Kugeln massiven Silbers, von der jede einzelne die Größe unserer Erde hätte! Wie sollte ein solcher Gegenwert auch nur ansatzweise erwirtschaftet werden? Und doch ist dies die Grundlage unseres Wirtschaftssystems.

Darum koppelt unser Geldsystem uns tatsächlich von der Erde ab. Es ist der Grund für Ausbeutung von Menschen, Kinderarbeit, Tierleid, Ressourcenausbeutung, usw. darum sind wir bemüht darum, dass investiertes Geld, so schnell wie möglich Rendite bringt. Eine längerfristige Investition rentiert sich einfach nicht, weil die Zinsen sie auffressen. Nachhaltigkeit ist ein Luxus, den sich dieses Geldsystem nicht leisten kann.

Wir haben uns mit der Erfindung eines Tauschmittels (Geld), das seinen Wert nicht verliert, nicht verrottet, modert oder rostet, das nicht verfault und wieder zu Erde wird und das überdies noch beständig wächst, geistig wie körperlich vollständig von den Zyklen der Erde abgekoppelt.

Gibt es andere Systeme? Natürlich und zwar sehr erfolgreiche. Eines dieser Systeme nimmt die Natur zum Vorbild und gibt auch dem Geld ein Verfallsdatum. Das sogenannte „rostende Geld“ nach Silvio Gesell (heute etwas positiver als „Fließendes Geld“ benannt) führte in der Zeit der Weltwirtschaftskrise im letzten Jahrhundert zum “Wunder von Wörgl“. In wenigen Monaten gab es die Wirtschaftskrise im Raum Wörgl schlich nicht mehr. Doch das sogenannte Freigeld war ein Angriff auf das bestehende Schuld-Zins-Geld-System, das Unmengen an Reichtum zu den oberen 10% (heute nur noch 1%) transferierte. Darum musste es beendet werden.

Mit der Abkopplung des Geldes vom Gold als einem immerhin noch begrenzten irdischen Rohstoff und der heute vorangetriebenen Bargeldabschaffung bewegen wir uns auch geistig in rein virtuelle Bereiche, die nichts, aber auch gar nichts mehr mit der Erde als lebendigem System zu tun haben. Die Bits und Bytes auf dem Bankkonto sind nur elektrische Impulse. Gedankenspiele sozusagen, die aber dennoch Grundlage unseres Ausbeutungssystems und unendlichen Tier- und Pflanzenleids sind.

Wiederbegegnung

  • Informiere Dich über unser Geldsystem.
  • Werde Dir bewusst, dass Geld, wie wir es heute kennen, nur virtuell ist und keine echte Beziehung zur Erde besitzt.
  • Als ein erster Schritt: Wechsle die Bank. Kündige Konten, die z.B. bei der Deutschen Bank sind, die aktuell für bessere Renditen in Atomwaffen und Regenwaldabholzung investiert. Wähle stattdessen GLS, Triodos oder Ethikbank. Diese legen ihre Investitionen offen und geben der Zerstörung keinen Vorschub.
  • Lass nur so viel auf dem Konto als virtuelles Geld stehen, wie Du für die Überweisungen der Miete, Versicherungen etc. benötigst. Nutze das Geld für echte physische Güter. Es ist nur Tauschmittel.
  • Engagiere Dich in Tauschringen. Auch Foodsharing ist ein guter Ansatz, um Dich geistig diesem System zu entziehen.
  • Informiere Dich über Regionalwährungen, die oft das System des Fließenden Geldes nutzen.
  • Zahle ausschließlich bar und gib damit der weiteren Abkopplung von der Physis keinen Vorschub.
  • Löse Dich geistig mehr und mehr aus diesem irrsinnigen Geldsystem. Entziehe ihm das Vertrauen. Unser aktuelles Geldsystem steht auf den tönernen Füßen des kollektiven Vertrauens.
  • Hab keine Angst zu experimentieren.
  • Vielleicht hilft Dir diese Meditation, Deine geistige Kraft zu verschieben: Die Nährung des Weltenbaums.

Bild © Stefan Brönnle

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