Rituale durchziehen unser Leben, auch wenn uns das wenig bis gar nicht mehr bewusst ist. Egal ob es ein Schwellenereignis wie eine Hochzeit, eine Beerdigung oder eine Geburt/Taufe ist, oder ob es sich um einen schlichten Handschlag handelt – das Ritual macht die Schwelle, das Versprechen, den Abschied, den Wunsch bewusst und gibt ihm Kraft. Rituale können formlos-intuitiv wie im Schamanismus bis drehbuchartig- hochkomplex sein wie in der Ritualmagie. Beide Pole haben ihre Stärken und ihre Schwächen. Ein vorgegebener Ritualablauf kann einerseits helfen, die Konzentration zu halten und nicht an den „nächsten Schritt“ denken zu müssen, wodurch man geistig ganz bei der rituellen Handlung verweilen kann. Andererseits bieten häufig zelebrierte Ritualabläufe andersherum die Gefahr, dass der Ablauf zur Routine geworden ist, wodurch die Gedanken abzuschweifen beginnen. Kulturell vorgegebene Ritualabläufe wiederum geben die Möglichkeit, sich an das bereits bestehende „morphogenetische Feld“ anzuknüpfen, können aber auch, wenn das Verständnis der Handlung verloren geht, hohl und leer erscheinen und damit als Brücke zum zu erreichenden Ziel untauglich werden.
Ich persönlich pendle zwischen häufig zelebrierten relativ festen Ritualabläufen und dem aus dem Augenblick heraus kreierten Ritual. Letzteres hat m.E. eine deutlich stärkere innere Präsenz zur Folge, wodurch sich auch die Wirkung verstärkt. Grundsätzlich kann man nahezu jedes Ritual in folgende Teilabschnitte zerlegen
1. Ziel/Vision
Vor dem Ritual, ja der Ritualgestaltung, sollte das Ziel des Rituals klar und präsent sein. Dafür sollte man sich Zeit lassen: Was will ich wirklich?
2. Wunsch, das Ziel zu erreichen
Der Wunsch, der klare Wille, dieses formulierte Ziel auch erreichen zu wollen, ist unabdingbare Voraussetzung für ein funktionierendes Ritual. Dabei gilt die bekannte Ermahnung: „Bedenke wohl, worum Du bittest, es könnte dir erfüllt werden“.
3. Die Beziehung zum Ziel über ein Gefühl oder inneres Bild
Es unterstützt das Ritual, ein klares Gefühl für das zu verwirklichende Ziel zu haben (Wie soll es sich anfühlen, wenn sich das Ziel verwirklicht hat?). Ein inneres Bild kann als „Anker“ für dieses Gefühl dienen, ebenso natürlich verwendete Ritualobjekte, die dann symbolisch für das zu erreichende Ziel stehen. Diese „Brücken“ oder „Anker“ dienen aber im Wesentlichen dazu, den Willen und das Gefühl ausgerichtet zu halten.
4. Die Handlung
Das Hauptaugenmerk im Ritual geht meist auf die Handlung. Die rituelle Handlung ist eine geistig fokussierte Tat, ein gelebtes Symbol, das nicht Selbstzweck ist, sondern stets mit den einbezogenen geistig-seelischen Kräften im unterstützenden Einklang stehen sollte. Vor allem aber hilft die Handlung dem Menschen dabei, seine geistige Fokussierung während der Zeit des Rituals aufrecht zu halten.
Die Handlung beinhaltet Taten, Worte und Gegenstände, die symbolisch für Dich mit dem Erreichen des Zieles (oder Teilabschnitte des Weges dorthin) zu tun haben.
Ritualgegenstände sind wie die Handlung stets von hoher Symbolkraft. Es gibt temporäre Ritualgegenstände wie Wasser, Feuer, Holz, oder beliebige symbolische Utensilien. Daneben besitzen rituell arbeitende Menschen oft sehr persönliche Ritualgegenstände, die ihnen von großer Bedeutung sind. Häufig sind dies: Federn, Räucherutensilien, Klang- und Musikinstrumente, sowie spirituell-religiöse Symbole. Der Gegenstand hilft dem rituell Arbeitenden seine geistige Fokussierung zu halten und - ganz im systemischen Sinne – die Verbindung zu bestimmten geistig-energetischen Kräften aufrechtzuerhalten, so dass nicht beständig daran gedacht werden muss.
5. Die Präsenz
Wesentlicher Faktor der rituellen Handlung ist natürlich der Mensch, der durch seine innere Ausrichtung, seine Motivation, oder schlicht durch seine Präsenz das Ritual positiv oder negativ beeinflusst.
Das bedeutet, dass während des eigentlichen Ritualablaufs die Handlung in beständiger Präsenz und Aufmerksamkeit, sowie in innerer Verbindung zum gewünschten Ziel, vollzogen wird.
Bedenke: Die Handlung ist in gewissem Sinne unumkehrbar und daher alles andere als beliebig.
6. Das Loslassen
Nach Abschluss des Rituals sollte die Aufmerksamkeit und die Zielfokussierung losgelassen werden. Diese geistige Entspannung trägt zum Erreichen des Zieles unmittelbar bei. Zudem signalisiert es „dem Universum“, „den Spirits“, oder wie auch immer man die helfenden Kräfte nennen mag, das eigene Vertrauen in ihre Kraft und unterstützende Arbeit.
7. Der Dank
Nach Erreichen des Zieles ist ein Dank, oder gar ein Dankesritual (wobei der Dank an sich im Sinne der einleitenden Sätze ja eigentlich schon eine rituelle Tat darstellt) eine Selbstverständlichkeit. Er sichert das weitere Vertrauen und die Zusammenarbeit mit den wohlmeinenden Kräften.
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Bild © fotolia: Maya-Frau bei Schwellenritual
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