Eines der stärksten Ordnungsschemata in der Stadtgestalt ist weltweit die Vierteilung. Viergeteilte Städte finden wir bei den Etruskern, den Römern, den Germanen, im gesamten europäischen Mittelalter, in Indien, Ceylon, Burma, Thailand, Kambodja, sowie in Afrika. So wurde im Mittelalter das Kreuz im Kreis zum Symbol der Himmlischen Stadt Jerusalem und später zum Symbol für Stadt schlechthin. Auch die ägyptische Hieroglyphe für „Dorf“ ist ein Kreis mit Kreuz.
Uns am bekanntesten ist die römische Vierteilung durch die Hauptstraßen Cardo und Decumanus, wobei sich „Decumanus“ von „decussis“ (Schnittwinkel) herleiten läßt, welcher beim Auftreffen der Decumanus auf die Cardo entsteht: Es entsteht ein Kreuz X, römisch für 10 (deca). Für die Römer war so die Stadt in das Weltgefüge eingespannt.
Wie Vitruv schreibt: „Die Natur hat den einen Cardo der Weltachse hinter den Großen Bären über Erde und Meer gesetzt – also in den Norden, den anderen, gegenüberliegenden, unter die Erde in den südlichen Regionen.“
Oft wurde über die Decumanus der Sonnenaufgang des Gründungstages der Stadt angepeilt. Dies geht auf einen Rinderritus aus dem Zweistromland zurück, der von den Etruskern übernommen worden war: Damals (4300–2200 v.Chr.) lag der Frühlingsäquinox im Stier. Im Zeitalter des Stieres war die sakrale Richtung der Norden, Sitz des Gottes Anus. Im Zeitalter des Widders wurde dies der Osten als Sitz des Gottes Marduk. Diese beiden Hauptrichtungen blieben in der römischen und später mittelalterlichen Stadtplanung als Cardo und Decumanus erhalten. Auch bei den Stadtgründungen der Zähringer wurde, wie in Bern, Villingen, Wiener Neustadt u.a., die Stadt durch vier Hauptstraßen in vier Viertel geteilt. Nur diese galten als Straßen, alle anderen wurden „Gassen“ genannt. Bei römischen wie auch hochmittelalterlichen Gründungen ist oft eine Berücksichtigung der Gitternetze feststellbar, die der Stadt Ordnung verleihen.
Bild oben Villingen © Googleearth
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