Im nordischen Mythos ist Fafnir (oder auch Fefner, wörtlich: der Umarmer) ein Drache, der geradezu den Prototyp des schätzehütenden Ungeheuers darstellt. Ursprünglich war Fafnir der Sohn des Zwergenkönigs Hreidmar. Sein Bruder Otr, der sich tagsüber in die Gestalt eines Otters verwandelte, wurde von den Göttern Loki und Odin auf der Jagd getötet und gehäutet. Doch Hreidmar, Fafnir und sein zweiter Bruder Reginn nehmen die Götter gefangen und verlangen Wergeld (Lösegeld) als Buße für den Tod Otrs. Sie sollen so viel Gold herbeischaffen, dass die Haut des Otters damit gefüllt werden kann. Doch wächst die Otterhaut mit jeder Handvoll Gold, mit der man sie versucht zu füllen. Auf diese Weise häuft der Zwergenkönig Hreidmar ungeheure Mengen Gold an. Darum besorgt Loki vom Herrn des Zwergenvolks der Nibelungen durch Erpressung einen Schatz, der auch den Ring der Nibelungen enthält. Doch Alberich verflucht den Ring: Wer den Ring trägt, stirbt eines gewaltsamen Todes.
Hreidmar streift den Ring über und Fafnir wird von der Gier nach den Reichtümern übermannt. Er erschlägt seinen eigenen Vater, um so das Gold für sich alleine zu haben. Diese Gewalttat veränderte das Äußere Fafnirs und er verwandelte sich in den Drachen, der den Schatz der Nibelungen bewachte.
Reginn, der Bruder Fafnirs, ermuntert Sigurd Fafnir zu töten. Sigurd hebt eine Grube aus und ersticht mit seinem Schwert Gram Fafnir, so dass sein Blut in die Grube fließt. Als Sigurd vom Blut und Herzen des Drachen kostet, versteht er die Sprache der Vögel. So hört er, dass der Schmied Mime ihn töten will. In einer Variante der Sage badet Siegfried im Drachenblut und wird so unverwundbar – bis auf die Stelle am Rücken, auf die ihm ein herzförmiges Lindenblatt fiel und die deshalb vom Blut unbenetzt bleib. Die Rückseite des Herzens ist so ein Symbol für die stetig verwundbare Stelle des Menschen, für jenes verletzbare innere selbst.
Der Drache Fafnir aber selbst ist eine Verkörperung der Urkräfte der Erde: Die Sprache der Tiere verstehend, das Fleisch unverwundbar machend, hütet er die Schätze der Erde. Wie in der christlichen Eucharistie, in der das Blut Christi den Trinkenden transformiert, transformiert das Blut des Drachen als Urkraft der Erde den, dessen Lippen es benetzt. Im nordischen Mythos ist diese Urkraft durch die Gier des Menschen bereits verdorben und so wird Fafnir zum Untier, zum Ungeheuer.
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