Im Sakralbau kam der rituellen Umhegung ein viel höherer Stellenwert zu als der gebauten Umhegung. Der zeremoniell-spirituelle Bewusstseinsakt erst erschuf eine starke energetische Schwelle und teilte das Heilige vom Profanen. Eine äußerlich sichtbare Kuriosität solcher rituellen Umhegungen stellen die sogenannten Kettenkirchen dar.
Kettenkirchen sind vor allem im Alpenraum, also in Bayern und Österreich anzutreffen und fast ausnahmslos dem Heiligen Leonhard geweiht. Bei einer sogenannten Kettenkirche ist die rituelle Umhegung durch die Umwickelung der Kirche mit einer eisernen Kette symbolisch sichtbar gemacht. St.Leonhard-Kettenkirchen findet man z.B. in Grafing, Lavantatal (Kärnten), Michelfeld (Baden-Würtemberg), Ganacker (Bayern, FOTO), Kollmann (Südtirol), oder Pasenbach (Krs Dachau bei München). Theologisch wird die doch sehr an Volksmagie erinnernde Kette damit begründet, dass der Heilige Leonhard, dem die Kirchen geweiht sind, Schutzpatron der Gefangenen und Angeketteten ist, weil er der Legende nach die Freilassung von unschuldig Gefangenen des Merowingerkönigs Chlodwig bewirkte und somit als “Kettenlöser” galt.
Wahrscheinlicher ist jedoch eine volkstümliche Deutung in Frankreich, wo der St. Leonhardskult seinen Ursprung hat. Dort wurde der Name des Heiligen “Lienard” verstanden als Herleitung von “lien” (Band) bzw “lier” (binden).
Letztendlich aber ist der Brauch der Umkettens ein alter Bindezauber. Er soll Kräfte am Ort halten und verhindern, dass ungewollte Kräfte eindringen, die von Gott gegebene Kraft sollte an die Kirche gebunden werden, wobei die Symbolik des Eisens als geisterabwehrendes Metall sicher nicht unberücksichtigt bleiben darf.
Bild © Stefan Brönnle
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