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Mythische Wesen – Der Gargoyle

31. Okt. 2018 | Von: Stefan Brönnle | Kategorien: Geomantie, Mythische Wesen, Symbole, Wesen, Naturwesen, Mythologie | 0 Kommentare

Gargoyle - Wasserspeier

Gargoyles oder Gargylen haben sich von einem sehr allgemeinen zu einem sehr spezifischen Bild entwickelt. Durch das Fantasy-Genre werden Gargoyles heute häufig wie folgt dargestellt: Ein hundeähnlicher Kopf, ein menschenähnlicher Körper, dreizehige Klauen, Fledermausflügel ( sie haben also wie Drachen sechs Gliedmaßen).... So z.B. im Walt Disney-Film „Der Glöckner von Notre Dame".
Doch am Anfang standen Tierwesen: Gargoyle leitet sich ab aus dem Französischen gargouille, was schlicht „Wasserspeier" bedeutet und mit dem deutschen Wort „Gurgeln" verwandt ist. Ins Englische übertragen: Gargoyle.

Die funktional-architektonische Funktion des Gargoyles ist es, Wasser vom Bau fernzuhalten. Schon im 5. Jahrhundert vor Christus wurde den steinernen Wasserleitungen die Form von Tierwesen verliehen. Meist handelte es sich um Löwenköpfe, aber auch die eine oder andere Fratze war bereits darunter. An Artemistempeln Griechenlands waren Hundeköpfe sehr beliebt. Als Göttin der Jagd, waren Hunde ihre Begleittiere. Viele der Wasserspeier an romanischen Kirchen hatten ebenso ein hundeähnliches Aussehen. Zum einen, weil der Hund als Wächtersymbol galt, zum anderen, weil der Hund Zerberus auch das Toten- und Geisterreich bewachte.

Steinfigur Notre DameIn der christlichen Symbolik sollten die dämonenartigen Wesen an der Außenseite der Kirche den Einfluss des Teufels auf die irdische Welt darstellen. Andererseits ist die Darstellung apotropäischer (unheilabwehrender) Gestalten an Hausaußenseiten viel älter als das Christentum. Sie haben eine unmittelbare Beziehung zu den sogenannten Neidköpfen. Letztlich geht ihre mythologische und geomantische Funktion bis auf die indische Geomantie Vastu zurück: Auf dem Baugrund wurde ein Mandala aus Quadraten – sogenannten Padas – ausgestreut. Das innerste Quadrat des Mandalas (Vastu Purusha) war dem Schöpfergott Brahma geweiht. Von hier aus nahm die Heiligkeit zu den Rändern immer mehr ab. Am Ort präsente Naturwesen wurden aus dem innersten Pada vertrieben, erhielten aber am Rand des Mandalas (und späteren Gebäudes) als „kleine Gottheit" einen Platz. Dieser Tradition folgend, erhielten Naturgeister in den Wasserspeiern romanischer Kirchen einen Platz. Sie wurden in den Dienst Gottes gestellt, behüteten den Kirchbau vor bösen Geistern und führten das dem Bau schädliche Regenwasser von der Architektur weg. Der ehemalige Naturgeist erhielt die Funktion einer Geisterfalle.

Dämonen werden oft mit Fledermausartigen Flügeln dargestellt. Im alten Babylon galten Flügel als Symbol eines göttlichen Wesens. In der streng dualistischen Sicht der monotheistischen Religionen (Judentum, Islam, Christentum) bedurfte es einer Unterscheidung. Daher erhielten Engel Vogel- (Tagtier), böse Dämonen aber Fledermausflügel (Nachttier).

Obwohl sich namentlich vom Wasserspeier ableitend, ist der Gargoyle tatsächlich eine zutiefst symbolisch-mythologische Gestalt: Ein (ehemals) göttliches Wesen wird durch das dualistische Denken zum „bösen Geist" (Fledermausflügel), auch Naturgeister werden zum Bösen verdammt und daher derartig dargestellt. Im Tempel- und Kirchenbau erhält der Spirit eine der neuen Religion dienende Aufgabe als Wächter (Hundekopf) und bewahrt den heiligen Ort vor Wasserschaden.

Titel-Bild © neurobite/fotolia.com
Bild Gargyle Nortre Dame © raul/ fotolia.com

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