Die Interpretation von Richtungsqualitäten ist eine typische geomantische Kunstfertigkeit. Wir finden sie im chinesischen Feng Shui ebenso wie im indischen Vastu, der Disciplina Etrusca, oder der christlichen Sakralarchitektur. Jede Himmelsrichtung hat ihre eigene seelische Wirksamkeit. Mit ihr verbunden sind in unserer seelischen Erfahrung unmittelbar auch Zeitqualitäten:
Mit dem Nordwesten beschließen wir die Reihe über die vier Haupt- und die vier Zwischenhimmelsrichtungen. Im Jahreskreis repräsentiert der Nordwesten den Herbst. Hier liegen mit Festtagen wie Allerheiligen (Halloween), Allerseelen, aber auch dem Fastnachtsbeginn am 11.11. Zeitqualitäten, in denen die profane weltliche Ordnung aufgehoben scheint. Höhere geistige Gesetze spielen nun eine Rolle. Da sich auch in der Natur die Vitalkraft mehr und mehr zurückzieht, drängt das Geistige mehr und mehr in den Vordergrund.
Im Feng Shui wird im Nordwesten das absolute Yang, das Trigramm Qien (Himmel) angesiedelt. Auch für die Chinesen nimmt die Temperatur im Herbst ab, daher kann das „absolute Yang“ nicht klimatisch gemeint gewesen sein. Das Trigramm Qien ist so auch als „Das Schöpferische“ benannt und steht für die absolute Autorität. Bei der Gestaltung des Kaiserpalastes in Peking wurde nordwestlich des Thrones ein großer See angelegt, der Beihei See. Er sollte die „Autorität“ des Kaisers stärken, indem er die Energie des Nordwestens einfing und speicherte. Im erweiterten Sinne verkörpert diese Himmelsrichtung auch die bedingungslose Liebe und Fürsorge, weshalb der Nordwesten auch mit dem Schlagwort „Hilfreiche Freunde“ belegt wird. Es ist jene Hilfe, die Dir durch die Kraft geistig-kosmischer Gesetze und Wesen zuteilwird. Aber durchaus auch „Reiseangelegenheiten“, also kreative, schöpferische Veränderungen, die Dir neue Sichtweisen vermitteln und Prozesse in Gang setzen, werden mit dem Nordwesten verbunden.
Im Vastu wird der Nordwesten dem Gott der Winde, Vayu, zugeordnet. Das ihm zugeordnete Element Luft sorgt im Analogiedenken dafür, dass hier Dinge verortet werden, die beweglich sind, leicht, luftig, oder nur eine kurze Dauer verweilen. So ist der Nordwesten z.B. für Gästezimmer zu empfehlen, oder kleinräumig mit Schaukelstuhl oder Mobiles zu besetzen. Wir erkennen eine große Ähnlichkeit zu den „Reiseangelegenheiten“ und den „Hilfreichen Freunden“ im Feng Shui.
Auch in indianischen Zuordnungen ist die Geistigkeit dieser Himmelsrichtung stark präsent. Im Nordwesten deuten sich die Gesetzmäßigkeiten an, nach denen sich unsere Wünsche und Pläne realisieren lassen. Es ist die Richtung der Auseinandersetzung mit den Spielregeln unseres Lebens. Hier sind entweder die äußeren gesetzmäßigen Einflüsse und Strukturen zu finden, oder jene, die wir uns selbst erschaffen, unsere Weltbilder, die oftmals zur "heiligen Kuh" aufsteigen. Die Hausgestaltung kann hier aufzeigen, ob wir zu wenig Struktur und keine klaren Vorstellungen von den kosmischen Gesetzen besitzen(Fehlbereich), oder gar entgegenarbeiten, andererseits aber auch, ob unsere Bilder zu stark fixiert sind und keine Veränderung mehr zulassen wollen. (Verstärkung). Am ehesten kann man den Nordwesten hier mit dem Schlagwort „universelle Gesetze“ belegen.
Im Raumhoroskop liegt im Nordwesten das Herbststernzeichen Skorpion. Der Skorpion vertritt die Schlagworte “Urprinzip”, “Idee” und “Ideal”. Mit seinem „Stirb und Werde“ verkörpert er genau die „schöpferische Veränderung“, die auch im Feng Shui thematisiert wird. Ein starker SKORPION weist auf eine Lebensthematik hin, die mit Wandlungsprozessen zu tun hat. Ist der Skorpion zu stark, z.B. weil sich nach Nordwesten eine große Fensterfront öffnet, so kann es sein, dass die Bewohner beständig mit der Todesthematik konfrontiert werden, oder dass geistige Ideale höher eingeschätzt werden als das individuelle Leben. ist SKORPION zu schwach, deutet dies möglicherweise auf eine starke Angst vor dem Tod, oder auch Schlafstörungen hin. Spannungen in der Skorpionrichtung sind typische Zeiger für psychosomatische Erkrankungen.
Die Richtungsqualitäten des Südwestens in Kürze:
Geistig-kosmische Gesetze, schöpferische Veränderung, (geistige) bedingungslose Liebe und Zuwendung, Urprinzipien, Beweglichkeit.
Bild © Stefan Brönnle (Bildgrundlage fotolia)
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