Wenn der Kreis für eine in sich geschlossene Welt und die Göttlichkeit steht, so bedeutet die Überschneidung zweier Kreise eine Durchdringung zweier Welten oder Wirklichkeiten. Dies ist die Grundbedeutung der Vesica Piscis (Fischblase) oder Mandorla (Mandelform). Das Göttliche, das im Kreis symbolisiert ist, dupliziert sich selbst, teilt und trennt sich, bleibt aber mit seinem Gegenstück in Verbindung, ganz so, wie dies Zellen in ihrer Vermehrung zelebrieren.
Im Menschen tritt interessanterweise die Mandorlaform überall dort auf, wo innere und äußere Welt sich begegnen: In der Form der Augen, des Mundes und auch der Vulva. Wir werden durch die >Überschneidung zweier Welten und Wirklichkeiten< in diese physische Realität hineingeboren. So wird die Yoni im indischen Raum zu einem Ausdruck göttlicher Kreativität.
In der christlichen Ikonografie ist eine Darstellung in der Mandorla meist nur Christus, Maria und Gottvater vorbehalten. Es gibt nur wenige Beispiele anderer Heiliger. Dennoch ist die Mandorla kein spezifisch christliches Symbol. Auch Buddha erscheint in der Mandorla-Aureole – Ausdruck seiner Durchdringung verschiedener Wirklichkeiten mit seinem Bewusstsein, aber auch seines Verlassens der physischen Zyklizität (Rad des Karma/Kreis), indem er eine andere, höhere Wirklichkeit betritt.
Die Überschneidung zweier Kreise ist zudem der Geburtsakt beinahe jeder geometrischen Konstruktion. Erst das Wissen um die tiefe Symbolik dieses Aktes lässt aus Schulgeometrie Heilige Geometrie werden.
Tipp: Vortrag 17.11.2016: Symbole - Sprache des Göttlichen
Bild © Stefan Brönnle
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